Blockade gegen Amokfahrer

geschrieben von Hans Canjé

5. September 2013

Der Verharmlosung rechter Gewalt entgegentreten

Nov.-Dez. 2009

Als Leitmotiv für den auf so vielen Unbekannten basierenden schwarz-gelben Koalitionsvertrag gab der vom Innen- zum Finanzressort umgebettete Wolfgang Schäuble (CDU) die Formel vor: »Wir müssen auf Sicht fahren«. Ein Blick in das umfangreiche Papier, Abschnitt »Bekämpfung des politischen Extremismus«, lässt die Sicht erkennen, in welche Richtung gefahren werden soll. Die ohnehin in den letzten Jahren mit immer weniger Mitteln ausgestatteten Fonds der Initiativen gegen rechte Gewalt und der Bündnisse für Demokratie und Toleranz sollen künftig für die Auseinandersetzung mit »Extremismus jeder Art, seien es Links- oder Rechtsextremismus« verwendet werden. Wehe, wenn nicht!

So steht es da. Abgesehen von der regierungsoffiziellen ahistorischen Gleichsetzung, die einer Verharmlosung rechter Gewalt (einschließlich der Untaten des faschistischen Regimes) gleichkommt, gibt es da nach allen Erfahrungen der Vergangenheit großen Spielraum bei der Interpretation. Eine Straßenblockade zur Verhinderung eines neofaschistischen Aufmarsches mutiert sehr schnell zur von der Justiz zu ahndenden »linken Gewalttat«. Rechte Prügelorgien, auch mit tödlichem Ausgang, werden dagegen, wie auch antisemitische und ausländerfeindliche Hasspredigten, schon mal gerne als dem Alkohol geschuldeten Bubenstreiche oder als Wahrnehmung der verbriefen Meinungsfreiheit gewertet.

Es kommt eben auf die Sicht an, mit der man beispielsweise auf die über 140 Menschen blickt, die seit 1993 durch rechte Gewalt ums Leben gekommen sind. Oder auf die sich konservativ nennenden staatsnahen »Denkfabriken«, die aus der Grauzone heraus als Stichwortgeber für nationalistischen, militaristischen und rassistischen Ungeist wirken. Die demokratische Öffentlichkeit ist gut beraten, den Kurs der Amokfahrer zu blockieren.