Contra Extremismuskeule

geschrieben von P.C.Walther

5. September 2013

CDU-angeführte Gleichsetzungsstrategie stößt auf breiten
Widerspruch

Jan.-Feb. 2011

Die Extremismuskeule, mit der die für die Mittelvergabe zur Förderung von Projekten gegen Rechtsextremismus zuständige CDU-Bundesfamilienministerin Schröder allen Initiativen zu Leibe rückt, stößt auf immer mehr Widerstand. Ebenso der bereits im November praktizierte Versuch der CDU-geführten sächsischen Landesregierung, eine solche Knebelung antinazistischer und antirassistischer Initiativen auch auf Landesebene anzuwenden.

Der Anschlag besteht darin, dass jede Gruppierung, die Mittel zur Unterstützung ihrer antinazistischen Arbeit beansprucht, generell unter Extremismusverdacht gestellt wird und deshalb eine Anti-Extremismus-Erklärung unterzeichnen soll, in der sie nicht nur für sich selbst bekundet, nicht »extremistisch« zu sein, sondern dies auch für jeden Mitmacher und Bündnispartner erklären und diesen also dahingehend überprüfen muss. Im Zweifel sei der Verfassungsschutz zu befragen, der dann so darüber entscheidet, wer bei antinazistischen Aktivitäten mitmachen darf und wer nicht. Über die Qualität solcher Bewertungen urteilte kürzlich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, als er dem bayerischen Verfassungsschutzamt untersagte, den antifaschistischen Projektverein »a.i.d.a« für »linksextremistisch« zu erklären, weil das Amt dafür »keine konkreten Anhaltspunkte« liefere, – eine Praxis der VS-Ämter, die hinlänglich bekannt ist.

Drittens, so erläuterte AKuBIZ-Sprecher Steffen Richter das in Sachsen praktizierte Beispiel, »forderte das CDU-geführte Innenministerium, dass wir nicht den ›Anschein erwecken‹ dürfen, durch ›materielle und immaterielle Leistungen extremistischer Strukturen zu unterstützen‹. Diese Formulierungen sind so vage, dass wir unsere Vereins-arbeit nicht einmal dann fortsetzen können, wenn wir die 10.000 Euro Preisgeld bestimmungsgemäß verwenden, aber weiter zu den ›Dresden nazifrei!‹-Blockaden aufrufen«. Als das im sächsischen Pirna ansässige antinazistische Zentrum »AKuBIZ« es deshalb ablehnte, diese Anti-Extremismus-Erklärung – schönfärberisch »Demokratie-Erklärung« genannt – zu unterzeichnen, fand die Initiative für diese Haltung viel Zustimmung und Unterstützung.

Das neue »Extremismusbekämpfungsprogramm der Bundesregierung« basiere »auf einer nicht akzeptablen Gleichsetzung linker Gesellschaftskritik mit antidemokratischen und rassistischen Positionen«, heißt es in einer Erklärung von Wissenschaftlern, Gewerkschaftern und Verbandsvertretern. Sie betonen: »Wir erklären hiermit, dass wir uns der Abgabe einer solchen Gesinnungserklärung verweigern werden und fordern auch alle betroffenen Kolleginnen, Initiativen und Projekte auf, eine solche Bekenntniszumutung prinzipiell abzulehnen«. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören neben Wissenschaftlern mehrerer Universitäten u.a. auch der Grünen-MdB Volker Beck, Annetta Kahane, Timo Reinfrank, Andre Schnabel (DGB Sachsen) und Christian Staffa (Aktion Sühnezeichen).

Auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und Sönke Rex, Sprecher der SPD-Bundestagsfraktions-Arbeitsgruppe gegen Rechtsextremismus, wandten sich gegen die »generelle Verurteilung aktiver Vereine und Verbände gegen Rechtsextremismus«. Das Ganze führe » zu einer Spaltung und einem grundsätzlichen Misstrauen in und zwischen den Vereinen und Verbänden«.

Sowohl die Absicht als auch die Infamie der Gleichsetzung von Rechts und Links verdeutlicht die innenpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, in einem Kommentar: »Im Namen des Extremismusansatzes werden kurzerhand Faschismus und Antifaschismus, die extreme Rechte und die antikapitalistische Linke, gleichgesetzt. Nicht konkrete Inhalte, sondern allein eine Distanz zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung wird dabei bemüht. Die linke Forderung nach mehr Demokratie über den Parlamentarismus hinaus und der rechtsextreme Wunsch nach einem starken Führerstaat sind aus dieser Sicht identisch extremistisch.«

Der Berliner Rechtswissenschaftler Prof. Ulrich Battis kommt in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Anti-Extremismus-Erklärung, die vom Unterzeichner verlangt, andere zu überprüfen, damit selbst verfassungswidrig sei.

Der neue Radikalenerlass und das damit verbundene Kontaktverbot behindern zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechts. Nutznießer sind die Neonazis. Deshalb darf es in dieser Auseinandersetzung gegen die Gleichsetzung von Rechts und Links keine Kompromisse geben.