Der rassistische Alltag

geschrieben von Janka Kluge

6. März 2016

Liste der Ausschreitungen in Sachsen wird immer länger

Die Liste der Städte, die in Sachsen für rassistische Mobilisierung und Ausschreitungen stehen wird immer länger. Nach Heidenau, Freital und Hoyerswerda stehen jetzt noch die Städte Clausnitz und Bautzen darin.

Die Handyaufnahmen, die im Netz aufgetaucht sind, bezeugen die rassistische Stimmung in der sächsischen Kleinstadt Clausnitz. Über einhundert Menschen hatten einen Bus blockiert, der Flüchtlinge in eine Unterkunft gebracht hat. Zusätzlich hatten sie mit Autos die Einfahrt der Unterkunft versperrt. Auf den Filmen ist auch zu sehen, wie ein Polizist einen weinenden völlig verängstigten Jungen, der aus lauter Angst nicht aussteigen wollte, im Schwitzkasten aus dem Bus gezerrt hat. Das Gejohle des Mobs ist dabei sogar noch angestiegen.

Der Chemnitzer Polizeipräsident Uwe Reißmann hat nach den Übergriffen behauptet, dass die Flüchtlinge für die Eskalation verantwortlich seien, weil sie in die Richtung des Mobs abfällige Handbewegungen gemacht hätten. In Bautzen brannte wenige Tage später eine noch nicht bezogene Unterkunft für Flüchtlinge. Hier behinderten angetrunkene Rassisten die Löscharbeiten der Feuerwehr.

Sachsen hat ein starkes Problem mit Nazis und Rassisten, die sich in fast jeder Stadt mobilisieren lassen. Es gibt aber auch den Rassismus von oben. Jahrelang hat beispielsweise der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich gegen Muslime gehetzt und den Anhängern von Pegida nach dem Mund geredet. So betonte er, dass der Islam nicht nach Sachsen gehört. Damit meinte er auch, dass Muslime in Sachsen nicht gern gesehen sind.

Nach den Ausschreitungen von Clausnitz und Bautzen hat er sich das erste Mal gegen den rechten Mob ausgesprochen. Allerdings wählte er auch hier eine äußerst fragwürdige Formulierung. »Das sind keine Menschen, die so etwas tun. Das sind Verbrecher«, sagte er in einem Interview. Wer Menschen, und seien es widerliche Rassisten und Nazis, das Menschsein abspricht, offenbart eine tiefe Menschenverachtung, die viel weiter geht als die Duldung von Pegida.

Warum stellt sich Tillich erst jetzt gegen den brauen Mob. Die NPD zog bei Landtagswahl 2004 in Sachsen mit fast zehn Prozent in den Landtag. Bei der nächsten Wahl waren es immerhin noch knappe fünf Prozent. Jetzt steht vor dem Bundesverfassungsgericht wieder das Verbotsverfahren gegen die Partei an. Tillich glaubt also nicht mehr, sich hier anbiedern zu müssen. Ehrliches Engagement gegen Rechts sieht allerdings anders aus.

Auf der anderen Seite darf nicht vergessen werden, dass es überall in Sachsen Menschen und Gruppen gibt, die sich gegen die rechten Entwicklungen wehren und sich Rassisten und Nazis entgegenstellen. Ihnen und den Geflüchteten muss unsere Solidarität gelten.