Wir sind und bleiben gemeinnützig!

geschrieben von Cornelia Kerth/Florian Gutsche

3. Juni 2021

Starkes Zeichen gegen die Wertung der VVN-BdA durch den bayerischen Verfassungsschutz

Wie gern hätten wir es schon auf dem Bundeskongress verkündet und wenigstens mit den Delegierten ein Glas Sekt darauf getrunken: Nach fast eineinhalb Jahren hat das Finanzamt für Körperschaften Berlin 1 unserem Einspruch gegen die Bescheide vom 1. November 2019 stattgegeben und uns mitgeteilt: »Die Körperschaft ist auf Grund der geänderten Bescheide ab sofort wieder berechtigt, für Mitgliedsbeiträge und Spenden Zuwendungsbestätigungen … auszustellen.«

Wir sind erleichtert und froh, dass das Finanzamt und die Berliner Finanzverwaltung nach eineinhalbjährigem Verfahren die Wertung des bayerischen Inlandsgeheimdienstes, wir seien »extremistisch«, als widerlegt betrachten.  

Dazu haben wir mehrere Stellungnahmen und wesentliche Dokumente zu den Grundlagen unserer Arbeit vorgelegt, die unser Selbstverständnis als partei- und spektrenübergreifende Organisation, in der es – von Christ*innen, Sozialdemokrat*innen und Grünen über Linke und DKP zu parteilosen Mitgliedern aus unterschiedlichen Zusammenhängen – unterschiedliche Zugänge zum Antifaschismus gibt, darlegen.

Außerdem haben sowohl die beiden Vorsitzenden unserer inzwischen 8.000 Mitglieder zählenden Vereinigung als auch unsere Ehrenpräsidentin Esther Bejarano eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben, dass es nach unserer Kenntnis keine »von der Vereinigung oder einer verantwortlich für sie handelnden Persönlichkeit« ausgehende Erklärung darüber gebe, »dass sie ›alle nicht-marxistischen Systeme – also auch die parlamentarische Demokratie – als potentiell faschistisch, zumindest aber als eine Vorstufe zum Faschismus betrachtet, die es zu bekämpfen gilt‹« – wie es das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz behauptet hatte.

Weiter wird in der Erklärung ausgeführt: »Die Vereinigung hat die parlamentarische Demokratie und schlechthin den Gehalt unserer Nachkriegsverfassungen auf Bundes- und Länderebene als eigenständigen Selbstwert (…) verteidigt und dies als eine aus dem antifaschistischen Kampf stammende grundlegende Verpflichtung behandelt, die ein gemeinsames Auftreten von kommunistischen, sozialistischen, christlichen, liberalen und sonstigen demokratischen Antifaschisten legitimiert.«

Es ist ein gutes Gefühl, dass wir in der Auseinandersetzung um unsere Gemeinnützigkeit eine überwältigende Solidarität erleben durften:

  • Mehr als 100 Organisationen und Initiativen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen schickten uns Solidaritätsschreiben, die meist als öffentliche Erklärungen oder Schreiben an den Berliner und/oder den Bundesfinanzminister verfasst worden sind.
  • Über 2.000 Antifa­schist:innen haben diesen Angriff zum Anlass genommen, sich uns als Mitglieder anzuschließen. An dieser Stelle noch einmal allen ein besonders herzliches Willkommen.
  • Eine hohe Spendenbereitschaft hat dafür gesorgt, dass wir die zunächst drohende Insolvenz nicht mehr fürchten mussten und unsere Arbeit verstärken können. Allen Spender:innen sagen wir noch einmal herzlichen Dank.
  • Viele unserer Mitglieder haben sich mit ihren Kontakten und ihrem Gewicht, mit eigenen Aktionen und guten Vorschlägen eingebracht und dazu beigetragen, dass unsere Petition »Die VVN-BdA muss gemeinnützig bleiben« von mehr als 50.000 Menschen unterzeichnet wurde.

Die nun wieder erfolgte Anerkennung unserer Gemeinnützigkeit für die Jahre 2016 bis 2018 ist ein wichtiges Zeichen für alle Antifaschistinnen und Antifaschisten und für alle, die noch weiter um die Anerkennung ihrer Arbeit als gemeinnützig kämpfen müssen. In diesem Sinne fordern wir weiterhin die Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts und die Streichung des Paragraphen 51, Absatz 3, Satz 2 aus der Abgabenordnung, der festlegt, dass der Status gemeinnützigen Organisationen verwehrt wird, die in einem Verfassungsschutzbericht als »extremistisch« eingestuft werden!

In einer Demokratie dürfen nicht Geheimdienste über die verfassungsmäßige Bandbreite der gesellschaftlichen Debatte entscheiden!

Als nächsten Schritt werden wir gemeinsam unserer bayerischen Landesvereinigung beistehen, die noch immer um ihre Gemeinnützigkeit und gegen die haltlosen Behauptungen im Bericht des bayerischen Inlandsgeheimdienstes kämpft.

Eine Gratulation des Landesnetzwerks Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA) e.V vom 29.4., die hier beispielhaft für viele andere steht: Liebe Aktive der VVN-BdA, mit großer Freude haben wir eure Nachricht erhalten, dass eure Gemeinnützigkeit wieder vollumfänglich anerkannt wurde. Dazu gratulieren wir euch ganz herzlich und wollen an dieser Stelle auch Danke sagen. Danke, dass ihr in den letzten anderthalb Jahren euch von diesen Schikanen nicht einschüchtern oder ausbremsen lassen habt. Trotz alledem habt ihr eure wichtige Arbeit fortgesetzt und damit ein wichtiges Signal für viele Vereine gesetzt. Stellvertretend habt ihr die Gemeinnützigkeit verteidigt und gezeigt, dass Vereine und ihre Mitglieder auch mit klarer Haltung zum politischen Geschehen auftreten dürfen. Wir freuen uns, dass wir gemeinsam gemeinnützig für eine demokratische Gesellschaft werben können und wünschen euch weiterhin viel Kraft und alles Gute. Herzliche Grüße, Mika Kaiyama, stellvertretende Geschäftsführerin LAMSA e.V.