Ausgabe Mai/Juni 2025
6. Mai 2025

zeigt einen mehrtätigen Ostermarsch im Jahr 1960 zum Raketenübungsplatz Bergen-Hohne (Niedersachsen), wo im Dezember 1959 die US-Army „Honest-John“ – Raketen als Träger für Atomraketen erprobte. Foto: jovofoto/r-mediabase.eu/Konrad Tempel
Editorial
80 Jahre sind eine lange Zeit. Vielleicht etwas zu lang, um noch alles, was damit zusammenhängt, angemessen zu würdigen und Lehren daraus zu ziehen. Das Gedenken an die Befreiung und das Kriegsende ist für uns Antifaschist*innen Anlass, die noch andauernden Kämpfe um die Deutung des deutschen Faschismus zu führen und die unzureichende Aufarbeitung anzumahnen. Denn viele sehen in der Erinnerung die Chance zu entpolitisieren, Halbwissen zu verbreiten, Zusammenhänge nicht zu benennen und die Geschichte des Nationalsozialismus aus dem Alltag in die Zeremonien, die Bücher und am besten unter die Erde zu verbannen. Wer genau hinhört, wird feststellen, dass das gesellschaftliche und staatliche Erinnern immer dann an Grenzen stößt, wenn es für die Mehrheitsgesellschaft unbequem wird. Es bleibt wichtig, hier nicht nachzugeben, nicht bequem zu werden, sondern sich selbst und der Gesellschaft die Aufgabe abzuverlangen, das Gedenken zur kritischen Selbstbefragung zu nutzen. Damit sich Auschwitz nicht wiederholt, bedarf es mehr als Zeremonien mit Phrasen des Bedauerns. Es bedarf eines antifaschistischen Alltagsverstands.
Ein Beispiel, was es heißt, dem Erinnern gerecht zu werden: Vor 80 Jahren wurden auch die UN (Vereinte Nationen) als Resultat des Zweiten Weltkriegs gegründet –, auch um ähnlichen Verbrechen wie dem Holocaust schneller zu begegnen. 2025 wird das Jahr der Reform der UN sein, in dem der letztes Jahr beschlossene Zukunftspakt unter anderem zur Demokratisierung des Sicherheitsrates, mit Leben gefüllt werden soll. Wenn wir uns bewusster machen, dass auch lange nach 1945 das »Nie wieder« für zu viele Menschen in der Welt nicht eingelöst wurde, dass für sie Krieg, Vertreibung und die Tötung von Familienangehörigen zur Realität gehören, ist klar, dass es dabei auch um unsere Sache geht. Nils Becker
Zeitgeschehen
Faktisch unbegrenzt Mittel (Jan Gildemeister)
Gerechtigkeit für Lorenz (Nils Becker)
Interview: Nanuk ist einer von vielen (Kim Leez, Soligruppe)
Betonung der antifaschistischen Werte (Regina Girod)
Interview: Diskurs statt Zurechtweisung in Buchenwald! (Horst Gobrecht)
Wehrpflicht: Kanonenfutter gesucht (Andreas Siegmund-Schultze)
Zehntausende bei Ostermärschen (Andreas Siegmund-Schultze)
Riesa-Bilanz: Polizei räumt Fehler ein (red.)
Meldungen (Ulrich Stuwe)
Umbenennung erkämpft: »Sophie-Berlinghof-Platz« in Heidelberg (Martin Hornung)
Kontext: Ein verheerendes Urteil (Janka Kluge)
Identitäre: Neue rechte Heimat? (Janka Kluge)
Drei Filme: Wie wird man Antifaschist? (Ulrich Schneider)
80 Jahre Befreiung: Handeln gegen die nazistische Bestie (FIR)
Broschüre zum Neutralitätsgebot: Mut machen! (Aufstehen gegen Rassismus)
Spendenaufruf der Vorsitzenden (Conny Kerth, Florian Gutsche)
Spezial
Wir sind das bunte Hinterland! (CSD Vernetzung)
Interview: Nicht nur ein Hype (AK Fe.In)
Interview: Für Frauen und Mädchen eine Bedrohung (Hanna Vatter)
»Myke – Hacking the Manosphere«Digitale Gegenwehr (Nils Becker)
Portrait
Peggy Parnass: Ein Abschiedsgruß (Christiane Chodinski und Norma van der Walde)
Internationales
Syrien: Zweifel und Argwohn (Kristin Caspary)
Italien: Zum Postfaschismus (Axel Holz)
Geschichte
Buchenwald-Buch: Substanzieller Überblick (Gerhard Hoffmann)
Kirche und Widerstand: Angriffe trotz Einordnung (Ulrich Schneider)
Gedenkplätze: Mut zur Auseinandersetzung (Steffen Butzkus)
Kultur
Deutsch-jüdische Verflechtungen (Bernd Hüttner)
Bonhoeffer-Film: Latte hoch gelegt (Axel Holz)
Feuerdörfer: Unbedingter Drang (Janka Kluge)
Spanische Antifa: Beginn der Organisierung (Peter Nowak)
Demokratieatlas (red)
Ratgeber für Gedenkstätten: Wirklich klares Bild (Kessy Traut)
Mit der Faust in die Welt schlagen: Ohne Orientierung (Markus Roth)
Adolescence: Tödlicher Frauenhass (Peps Gutsche)
Vielfältig, laut, bunt: Plakat-Zeitung (Verlage gegen Rechts)
Thomas Mann: (Ge)wichtige Kontrastfolie (Harry Friebel)