»Ob dieser Inspiration«

4. Juli 2024

»Begegnungen« mit Erich Mühsam. Ein Gespräch mit Isabel Neuenfeldt

antifa: Du bist seit 20 Jahren auf literarisch-musikalischen Veranstaltungen zum Wirken von Erich Mühsam zu hören. Wie kam es dazu?

Isabel Neuenfeldt: Vielleicht beginne ich erst mal damit, wo Mühsam überhaupt keine Rolle spielte: Als junger Mensch hatte ich von Erich Mühsam gar nichts gehört. Im Deutsch- und Geschichtsunterricht hatte er in meiner Schullaufbahn keinerlei Erwähnung gefunden – dieser große Dichter, Schriftsteller und Kämpfer für die Menschlichkeit.

Anfang der 1990er, noch ganz frisch in Berlin und auf Wohnungssuche, war ich dann mal ganz unbedarft zu einer Besichtigung in die Friedrichshainer Mühsamstraße geradelt. Noch immer war »mühsam« für mich nur ein Adjektiv. An der Ecke Sorgestraße erschien mir der Kiez doch recht trostlos. Zu meiner Entschuldigung kann ich anfügen: Damals gab es noch nicht die erläuternden Schildchen unterhalb der Straßennamen an den Ecken. »Ob dieser Inspiration« weiterlesen »

Kein »Bien venuta«

geschrieben von Axel Holz

4. Juli 2024

Rocco Artale: Vom Arbeitsmigranten zum Ehrenbürger

Fast 13.000 sogenannte italienische Gastarbeiter wurden zu Beginn der 1960er-Jahre auf Basis eines deutschen Anwerbeabkommens mit Italien als Arbeitskräfte für die VW-Werke in der BRD rekrutiert. Es folgten tausende weitere Arbeitsmigranten, aber nur etwa 3.000 der insgesamt 34.600 Italiener blieben bis 1975 in Wolfsburg. Was war schiefgelaufen bei der Arbeitskräfteanwerbung?

Auch heute in Debatten aktuell

Darüber berichtet der ehemalige »Gastarbeiter« Rocco Artale in seiner Biografie, entstanden in Zusammenarbeit mit dem Wolfsburger Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation. Die Erfahrungen, die er gesammelt hat, spielen auch in der heutigen Migrationsdebatte eine Rolle – sowohl die damaligen Fehler als auch die positiven Integrationsbestrebungen in Wolfsburg. »Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen«, kommentierte Max Frisch die Arbeitsmigration seit Beginn der 1960er-Jahre. Kein »Bien venuta« weiterlesen »

Wohin jetzt?

geschrieben von Benet Lehmann

4. Juli 2024

Vorabdruck des Kapitels »Sieben Frauen« aus »Esthers Spuren«

Das Paket schnürt Esther in die Schulter, sie ist müde. In den letzten Nächten hat sie kaum geschlafen. Der Fliegeralarm, ausgelöst durch die Bomber der Alliierten, hat ihr keine Ruhe gelassen. Weil die Sirenen unerträglich laut sind. Weil sie ankündigen, dass die Front näher rückt. Weil das alles bedeutet, dass die Deutschen den Krieg verlieren. Esther kann ihre Freude darüber kaum verbergen.

Sie setzt einen Fuß vor den anderen, vor und hinter ihr läuft die Kolonne, an der Seite die SS. Anfangs sind sie noch in Reihen gegangen, jetzt drängt sich alles. Auf mehrere hundert Meter erkennt sie die Kolonnen aus Gefangenen in gestreifter Kleidung. Wie viele Menschen in Ravensbrück inhaftiert waren, realisiert sie erst jetzt. Ein Gefühl der Ohnmacht durchdringt sie, steigt von ihren Füßen bis zu ihrem Kopf auf.

Von Osten naht die Rote Armee, von Westen die U. S. Army. Panik bricht unter den SS-Wachmannschaften aus. Sie vernichten die Beweise ihrer Taten und folgen Himmlers Befehl, die Lager zu »evakuieren«. Ein Euphemismus, der sich nach Rettung anhört, in der Realität aber den Tod für abertausende Menschen in den letzten Kriegstagen bedeutet. Das geplante Massenmorden des nationalsozialistischen Deutschlands ist zu diesem Zeitpunkt bereits vorbei. Doch wer hinfällt, wer nicht mehr laufen kann, wird erschossen. Die Wachen haben die Art des Tötens an die Begebenheiten angepasst. Wohin jetzt? weiterlesen »

Flucht nach vorn

geschrieben von Selina Arthur

4. Juli 2024

Plädoyer für Antifaschist:innen: Solidarität, die Sorge füreinander als politisches Programm

Die Ergebnisse der Europa- und Kommunalwahlen sind bitter – mancherorts liegt die AfD bei 40 Prozent, andernorts hat sie mehr Sitze gewonnen, als sie überhaupt KandidatInnen aufgestellt hatte. Trotz desaströser Wahlkampagne ein Erfolg auf ganzer Linie für die Rechten. Nun kann man sich als Linke:r unterschiedlich trösten. Absolut notwendig ist vor allem, sich von den Zyniker:innen fernzuhalten. Auch exzessives Selbstmitleid ist mit Vorsicht zu genießen. Im Großen und Ganzen hilft, was immer gegen gebrochene Herzen hilft: Sich von Social Media fernhalten und der Wahrheit ins Auge sehen.

Seit Jahrzehnten macht die politische Linke der breiten Bevölkerung Avancen, Angebote und Liebesschwüre. Doch die macht lieber mit irgendwelchen menschenfeindlichen Brutalos gemeinsame Sache, die sich für ihre politischen und wirtschaftlichen Belange nicht die Bohne interessieren. Da kann man noch so laut fordern, dass es weniger trans Menschen auf der Welt geben soll (Sahra Wagenknecht), noch so viele Abschiebungen durchsetzen (Olaf Scholz), gegen das Original von rechts kommt man nicht so leicht an. Flucht nach vorn weiterlesen »

Suche nach Antworten

geschrieben von Peps Gutsche

4. Juli 2024

Bombenattentate in Südtirol und die frühe Bundesrepublik

Wie ist es, den verstorbenen Vater als Rechtsterroristen kennenzulernen? Wie konnte dieser wie weitere Täter straffrei bleiben? Und welche Rolle spielte die DDR in der Thematisierung rechter Gewaltakte in Südtirol?

Traudl Bünger begibt sich in ihrem Buch akribisch auf die Suche nach Antworten und begegnet dem titelgebenden »Eisernen Schweigen« ihres Vaters mit einer vierjährigen Archivrecherche, bei der sie auch den Verhandlungsunwillen der damaligen Bundesrepublik in den Blick nimmt.

Entstanden ist dabei ein Buch, das zwei Zeitstränge verfolgt und diese immer wieder miteinander verbindet: zum einen die Recherche, die mit dem Fund von zu Zeitzündern präparierten Taschenuhren und einer Ausgabe von »Die Auschwitzlüge« auf dem Dachboden 2019 beginnt und dem Papierpfad mit über 60.000 Seiten Akten, Zeugenbefragungen, Polizeiermittlungen und Behördenkorrespondenzen durch Deutschland, Österreich und Italien bis in das Jahr 2023 folgt. Zum anderen die Entwicklung des Chemiestudenten Heinrich Bünger, der 1957 gemeinsam mit seinem Bruder Fritz den Bund Nationaler Studenten gründete und mehrere Bombenattentate in Südtirol plante und durchführte. Bei einem davon stirbt am 20. Oktober 1962 Gaspare E. in Verona. Suche nach Antworten weiterlesen »

Hilfe für Gefährdete

geschrieben von Cornelia Nenz, geb. Lettow

4. Juli 2024

»Arzt in den Höllen«: Zur Geschichte eines Buchs des Widerstandskämpfers Fritz Lettow

»Another SS-man at Buchenwald who was responsible for many deaths and in fact was commonly known as ›Killer of Buchenwald‹ is: SS-Hauptsturmführer Eisele (…). He was feared by all the prisoners. He (…) selected strong healthy men, took them to the hospital and gave them injektions which killed them.«1

So eine Passage in dem Protokoll der Aussage von Dr. Fritz Leo vom 5. Juni 1945 vor britischen Militärs in Bergen-Belsen.

In seinen Erinnerungen »Arzt in den Höllen« liest sich die Charakteristik nicht anders: »Dr. Eisele machte sich ein Vergnügen daraus, kräftige Kerle (…) von der Lagerstraße weg ins Revier zu holen und sie mit einer Spritze zu erledigen …« Hilfe für Gefährdete weiterlesen »

Ausgabe Mai/Juni 2024

27. April 2024

Unser Titelbild zeigt das diesjährige Gedenken am Berliner Denkmal für die im ¬Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas am 8. April, dem Internationalen Tag der Roma. Foto: Bernd Sauer-Diete

Unser Titelbild zeigt das diesjährige Gedenken am Berliner Denkmal für die im ¬Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas am 8. April, dem Internationalen Tag der Roma. Foto: Bernd Sauer-Diete

Editorial (Nils Becker)

Zeitgeschehen

Ins Stocken geraten: Gelingt der AfD ein weiterer Aufstieg? (Gerd Wiegel)

»Strategische Partner«: EU und Ägypten mit Abkommen zur Migrationsabwehr (Nils Becker)

Gewerkschaftliche Arbeit gegen den Rechtsruck. Ein Gespräch mit Christian Meyer, IG Metall Berlin

Die Strukturreform der Bundeswehr ist in vollem Gange (Martin Kirsch)

Höcke steht vor Gericht. Unterstützung gibt’s vom X-Guru Elon Musk (Janka Kluge)

Sichtbarkeit schaffen: Am 8. April begingen Sinti und Roma den Internationalen Tag der Roma

Neues im Verfahren zwischen sächsischer VVN-BdA und Hentschke Bau (Silvio Lang)

Der Pfingstkongress des Coburger Convents. Ein Gespräch mit der Initiative »Studentische Verbindungen auflösen«

Meldungen

Über Unterstützung von linkem Engagement in Ostdeutschland. Ein Gespräch mit Polylux e. V.

Konstanzer VVN-BdA punktet durch sichtbare Bündnisarbeit (Jürgen Weber)

Zivilklauseln überall! Unverkrampft für Frieden forschen (Chris Hüppmeier)

Aufruf zum 8. Mai vom Hamburger Bündnis »8. Mai. Tag der Befreiung«

Aus den Archiven

Wertvolle Schätze: Orden und Ehrenzeichen in Archiven der VVN (Ulrich Schneider)

Portrait

Eine standhafte Frau: Regina Elsner ist tot (Silvio Lang)

Am 20. Februar ist Ilse Jacob in Hamburg verstorben (Christiane und Georg Chodinski)

Spezial

Antifaschismus ist Humanismus in Aktion – Leitantrag zum VVN-BdA-Bundeskongress am 1./2. Juni in Halle an der Saale

Wie Erinnerungen bewahren? Gedanken vor dem Bundeskongress der VVN-BdA (Regina Girod)

Geschichte

Die Republik verteidigen: Vor 100 Jahren wurde das Reichsbanner gegründet (Gerald Netzl)

Vor 75 Jahren: Das Grundgesetz wird verabschiedet (Bernd Kant)

Internationales

Liebäugeln mit Trump: Kann die US-Demokratie den faschistischen Möchtegerndiktator überleben? (Juliet Schnabel)

Extreme Rechte stoppen! Neofaschisten und die Europawahlen (Ulrich Schneider)

Kultur

Ihr lebt weiter – zwei Erzählungen von Betroffenen des rechten Terroranschlags in Hanau (Denise Torres)

Rechte und Publizistik: Große Handelsunternehmen entdecken nicht freiwillig ihr demokratisches Gewissen (Else Laudan und Lisa Mangold)

Wie wir Diskriminierung von Menschen mit Behinderung abbauen können (Peps Gutsche)

Botschaft der Solidarität – zum Tod von Stefan Jerzy Zweig, 1941–2024 (Ulrich Schneider)

Ulrich Schneiders neues Buch über »Arbeiterwiderstand im Dritten Reich« (Ulrich Stuwe)

Helge Döhrings Buch zum Anarchosyndikalismus zwischen 1933 und 1945 in Deutschland (Peter Nowak)

Verblüffende Kontinuität: Ein Buch über die BRD-Bundespräsidenten und deren Nazivergangenheiten (Harry Friebel)

Der Film »The Zone of Interest« beschreibt das Familienleben des Auschwitzkommandanten Höß (Axel Holz)

Florence Hervé über europäische Frauen im Widerstand gegen Nazis und Krieg (Maria Krüger)

Wie kam die NSDAP als einstige Splitterorganisation innerhalb weniger Jahre an die Macht? (Jakob Knab)

editorial

geschrieben von Nils Becker

27. April 2024

Habt ihr es gehört? Die Regierung ist jetzt auch bei der Kurzvideoplattform TikTok mit mehreren persönlichen Kanälen präsent. Unter anderem versucht Kanzler Olaf Scholz seine Politik da einer jungen Zielgruppe verständlich zu machen. Schwierig auf einer Plattform, die überwiegend zum kollaborativen Mitsingen und -tanzen entwickelt wurde und deren Algorithmus Erklärvideos und Argumentationen mit mehr als zehn Sekunden Länge nicht gerade belohnt. Die unbeholfenen Versuche, irgendwas für die Zielgruppe der 14- bis 19-Jährigen abzuliefern, hat nicht nur was mit dem Erfolg (über 50 Prozent der rund 20 Millionen deutschen Nutzer*innen kommen aus dieser Altersgruppe) zu tun, sondern mit der Prominenz rechter TikTok-Kanäle wie dem des AfD-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, Maximilian Krah. Dass die 16-Jährigen nunmehr nicht nur Alkohol trinken, Motorroller fahren und selbstständig ein Handy kaufen dürfen, sondern auch das EU-Parlament mitwählen, zwingt alle Parteien, auf die Generation Z (Z für »Zoomer«) zuzugehen. Statt aber die eigene (Jugend-)Politik zu überprüfen, und sich zu fragen, warum die AfD bei jungen Menschen die stärksten Zustimmungswerte erhält (aktuelle Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung), wird die Misere dem Medium und der Form der Ankumpelei zugerechnet. Obwohl sich die Jugend überdurchschnittlich stark für den Verbleib in der EU ausspricht, wird der AfD eher zugetraut, das beste für die eigenen Bedürfnisse rauszuholen. Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer sieht dahinter die Tendenz, nationale Souveränität nicht als Bedrohung für ernsthafte Zusammenarbeit zu begreifen, sondern als attraktive Erzählung von Überlegenheit, Macht und Profilierung gegenüber anderen. Der Kulturkampf von rechts ist zudem ein willkommenes Ventil, vor allem für junge Männer. Die Aneinanderreihung von Krisen und autoritären Lösungen, die das Weltbild der Jugend zuletzt prägte, sorgt für enttäuschte Erwartungen, Verunsicherung und ein Gefühl der Kontrolllosigkeit. Solange die Parteien ausnahmslos in dieses Horn blasen und so gar keinen Bock auf Zukunft sowie auf die Chancen europäischer Integration machen, wird sich dieser Trend fortsetzen – egal, wie er sich auf welcher Plattform auch immer artikuliert.

Ins Stocken geraten

geschrieben von Gerd Wiegel

27. April 2024

Gelingt der AfD ein weiterer Aufstieg?

Das Wahljahr 2024 hat für die AfD nicht gut begonnen – trotz einer geradezu idealen Ausgangslage. Ob es aber schlecht für sie endet, muss sich erst noch erweisen. Gegenwärtig stehen alle Zeichen auf satte Zugewinne für die Partei der extremen Rechten. Seit Sommer 2023 hält sie sich in den bundesweiten Umfragen kontinuierlich auf dem zweiten Platz hinter der CDU. In den Landtagswahlländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg liegt die AfD teils mit deutlichem Abstand auf dem ersten Platz, und für die Kommunal- und Europawahlen werden ihr starke Zugewinnen vorhergesagt.

Und dennoch ist der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg der Partei ins Stocken geraten (siehe Spalte). Ganz ohne Zweifel haben die Correctiv-Recherchen und die publikumswirksame Offenlegung der rassistischen Deportationspläne aus dem Umfeld der AfD (siehe antifa-Märzausgabe) einen Nerv getroffen, der die langanhaltende Lähmung gegenüber dem rechten Aufstieg in eine aktive Massenbewegung gegen die extreme Rechte und speziell die AfD umgewandelt hat. Für die überzeugten AfD-Anhänger*innen ändert das sicherlich nichts an ihrer Zustimmung. Ganz im Gegenteil schweißt öffentlicher Druck Partei und Anhänger eher zusammen. Auf das volatile Feld derer, die nicht vor allem aus ideologischer Überzeugung für die AfD stimmen, sondern aus Enttäuschung und Wut über die Regierungspolitik und vorhandenem Ressentiment den Weg zur AfD gefunden haben, hatten Correctiv-Enthüllungen und Demonstrationen aber eine abschreckende Wirkung. Ins Stocken geraten weiterlesen »

Kurzfristige Verlagerung

geschrieben von Nils Becker

27. April 2024

»Strategische Partner«: EU und Ägypten mit Abkommen zur Migrationsabwehr

Wenn von »strategischer Partnerschaft« zwischen der Europäischen Union und ihren Anrainerstaaten die Rede ist, ist Vorsicht geboten. Entpuppt sich doch die vertraglich besiegelte Verbindung oft als ungleiches Verhältnis, das vor allem der EU zugutekommt. Nach dem Deal mit Tunesien wurde im März nun auch mit Ägypten ein 7,3 Milliarden Euro schweres Abkommen zur Migrationsabwehr unterzeichnet.

Ägypten ist ein Transitland für viele Geflüchtete – vor allem vor den Bürgerkriegen aus dem Sudan und Syrien. Laut UNHCR befinden sich aktuell offiziell 500.000 Menschen im ägyptischen Transit, die meisten wollen weiter in die EU. Aber auch aus Ägypten selbst fliehen viele Menschen nach Europa – aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage des Landes und des Regimes unter Abdel Fattah Al-Sisi, das viele Hoffnungen nach dem »arabischen Frühling« vor zehn Jahren zerschlagen hat. Die EU stützt das Regime mit dem Aufbau des Militärs, mit Rüstungsgütern und zieht die Machthaber so gekonnt in ein Abhängigkeitsverhältnis. Tatsächlich verlagerte das die Fluchtrouten über andere Staaten und machte sie noch gefährlicher. Der als Wirtschaftsabkommen getarnte Vertrag setzt diese Zusammenarbeit fort und soll das schwache Regime stabilisieren. Die Ziele der EU sind augenfällig: Ursula von der Leyen ist im Wahlkampf. Als Beweis für ihre Eignung reiste sie zur Vertragsunterzeichnung mit den Hardlinern der EU-Abschottung – allen voran Giorgia Meloni aus Italien – nach Ägypten. Statt sich unter 27 Mitgliedstaaten auf ein Aufnahmesystem zu einigen, die realen Fluchtgründe zu bearbeiten und tatsächlich plausible Routen sicherer für Menschen zu machen, setzt man weiter auf kurzfristige Verlagerung. Das EU-Parlament widerspricht dieser Politik von Zeit zu Zeit – hat aber faktisch keinen Einfluss. Als bitteres Fazit vor der Europawahl müssen wir konstatieren: Während die EU nichts dazugelernt hat, hat sich in den Staaten des globalen Südens herumgesprochen, dass mit Geflüchteten Geld zu verdienen ist.

Laut eines Berichts der Heinrich-Böll-Stiftung (kurzelinks.de/boell-flucht) leben in Ägypten 30 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, die Gefängnisse sind überfüllt, es kommt strukturell zu Menschenrechtsverletzungen gegen Bürger*innen, vor allem gegen Geflüchtete. Foto: boell.de

Informationen zu Flucht und -Migration unter mediendienst-integration.de

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