Für Frauen und Mädchen eine Bedrohung

6. Mai 2025

Struktureller Narzissmus bei Männern und das Neopatriarchat. Ein Gespräch mit Hanna Vatter

Hanna Vatter arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fachhochschule Potsdam und promoviert kooperativ an der Universität Bielefeld. Sie arbeitet zu Männlichkeit und besonders junger Männlichkeit

antifa: Du sprichst von »strukturellem Narzissmus« bei Männern, die sich in autoritären Bewegungen engagieren. Was sind die Gründe, und wie lässt sich dieser Narzissmus als Teil der größeren rechten Ideologie erklären?

Hanna Vatter: Ich gehe davon aus, dass wir in einer neopatriarchalen Gesellschaft leben, in der Männlichkeit als selbstverständlich gilt. Dies führte dazu, dass sie lange Zeit nicht als gemeinsames Merkmal der Täterschaft wahrgenommen wurde. Der männliche Narzissmus ist nicht nur Teil der Rechten, sondern eine gesellschaftliche Struktur und bestimmt damit das Geschlechterverhältnis bzw. Nichtverhältnis. Für Frauen und Mädchen eine Bedrohung weiterlesen »

Digitale Gegenwehr

geschrieben von Nils Becker

6. Mai 2025

Zur Radikalisierung junger Männer im Internet

Soziale Räume im Internet wie die Kurzvideoplattform TikTok werden zu ideologischen Verstärkern. Was unterhaltsam begann, wird heute mehr und mehr zum Nährboden für stereotype Geschlechterbilder und antifeministische Weltanschauungen. Besonders junge Männer geraten auf TikTok schnell in den Sog der »Manosphere«-Inhalte – eine toxische digitale Sphäre, in der Männlichkeitsideale mit Gewalt, Dominanz und Frauenverachtung verknüpft werden.

Die Manosphere ist kein einheitliches Gebilde, sondern vielmehr ein Netzwerk aus Medienmachern, Selbstoptimierungsgurus und ideologischen Einpeitschern, die traditionelle Geschlechterrollen verherrlichen und jede Abweichung davon diffamieren. Es wird damit Geld, aber vor allem Politik gemacht. Laut einer Studie der Dublin City University reichen durchschnittlich neun Minuten TikTok-Konsum, bis junge Männer mit entsprechenden Inhalten konfrontiert werden. Diese rasante algorithmische Vermittlung folgt einem System, das Emotionen priorisiert und Widerspruch selten zulässt. Digitale Gegenwehr weiterlesen »

Ein Abschiedsgruß

geschrieben von Christiane Chodinski und Norma van der Walde

6. Mai 2025

Die Antifaschistin und Shoah-Überlebende Peggy Parnass ist tot

Liebe, liebe Peggy,

nun bist Du von uns gegangen, und alle Deine Freunde sind tieftraurig. Mit 97 Jahren durftest Du ohne Schmerzen im Schlaf sterben, Du, die so wahnsinnig gern lebte und bis zum Schluss überall dabei sein wollte.

Als Elfjährige wurdest Du 1938 mit Deinem vierjährigen Bruder Gady mit dem Kindertransport von Deinen jüdischen Eltern nach Schweden geschickt. Damit retteten sie euch das Leben. Sie selbst wurden in Treblinka ermordet. Dieser Gedanke verfolgte Dich Dein ganzes Leben lang.

Nach der Befreiung kamst Du auf Umwegen zurück nach Hamburg, wahrlich nicht gern, aber irgendwie hielt es Dich hier, denn Du fandest unglaublich viele Freunde. War Hamburg Deine Heimat? Nein, für Dich waren nicht Länder oder Städte Heimat, sondern Familie, Freunde und Menschen, die Dich brauchten. Ein Abschiedsgruß weiterlesen »

Zweifel und Argwohn

geschrieben von Kristin Caspary

6. Mai 2025

Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes

Die Hoffnung auf bessere Zeiten in Syrien lenkte den Blick schnell in die Richtung eines Mannes: Ahmed al-Scharaa, der die islamistischen Milizen Hai’at Tahrir asch-Sham (HTS) anführte und seit Ende Januar nun als Interimspräsident der Arabischen Republik Syrien fungiert. Sein Lebensweg ist gezeichnet durch die Mitgliedschaft in verschiedenen islamistischen Gruppierungen, über al-Qaida bis zur al-Nusra-Front. Entsprechend verhalten fielen viele internationale Reaktionen aus.

Er selbst begegnete diesen Bedenken schnell mit Distanzierung von seiner fundamentalistischen Vergangenheit und einem Bekenntnis zum Schutz der Minderheiten. Zweifel und Argwohn weiterlesen »

Zum Postfaschismus

geschrieben von Axel Holz

6. Mai 2025

Von Berlusconi zu Meloni: Neues Buch zeichnet Entwicklung der Rechten in Italien nach

Italien wählte 2022 Giorgia Meloni von der Partei Fratelli d’Italia zur Ministerpräsidentin. Die Postfaschistin hatte sich in der Corona-Krise als Unterstützerin der Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie positioniert. Meloni stellte sich gegen die ebenfalls extrem rechte Lega unter Matteo Salvini und war in dieser Auseinandersetzung tonangebend. Aber anders als bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich, wo sich ein Cordon sanitaire der Parteienlandschaft gegen den Durchmarsch von Marine Le Pens Rassemblement National gestellt hatte, gab es in Italien keinen Widerstand gegen die Inthronisierung der Postfaschistin. Meloni war 2006 mit nur 29 Jahren in das italienische Abgeordnetenhaus eingezogen, wurde dessen Vizepräsidentin und nach dem rechten Wahlsieg unter Berlusconi 2008 als Jugendministerin das jüngste Kabinettsmitglied in der Geschichte Italiens. Zum Postfaschismus weiterlesen »

Substanzieller Überblick

geschrieben von Gerhard Hoffmann

6. Mai 2025

Ulrich Schneiders Basiswissen zum Konzentrationslager Buchenwald

Umfangreich ist inzwischen die Reihe der Bücher, deren Inhalte sich dem früheren Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg nahe Weimar zuwenden. Neben erschütternden Zeitzeugenberichten erschienen im Laufe der Jahre nach der Selbstbefreiung der Häftlinge dieses KZ am 11. April vor 80 Jahren Romane, Biografien und eine Vielzahl von Sachbüchern, die unterschiedlichste Details des Geschehens auf dem Ettersberg in den Jahren 1937 bis 1945 behandeln.

Hier reiht sich jetzt eine Publikation des Historikers Ulrich Schneider ein: »Buchenwald. Ein Konzentrationslager«. Der Autor ist Generalsekretär der Fédération Internationale des Résistants (FIR) und war bis 2024 Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Substanzieller Überblick weiterlesen »

Angriffe trotz Einordnung

geschrieben von Ulrich Schneider

6. Mai 2025

Christliche Kirchen und NSDAP

In der Bewegung gegen AfD und Rechtsentwicklung in den vergangenen Monaten waren oftmals klare und deutliche Worte kirchlicher Institutionen aus dem protestantischen und katholischen Milieu zu hören. Es waren nicht nur die »üblichen Verdächtigen«, wie pax christi oder andere christliche Friedensinitiativen, sondern selbst die Deutsche Bischofskonferenz und evangelische Landeskirchen formulierten eine klare Haltung gegen die AfD und ihre menschenverachtende Ideologie. Dies ist auch insofern auffällig, da die Kirchen gegenüber dem aufkommenden Faschismus in der Weimarer Zeit eine deutlich andere Haltung an den Tag gelegt haben.

Die katholische Kirche könnte sich heute noch mit gewisser Berechtigung auf ihre ablehnende Haltung vor 1933 gegenüber der NSDAP berufen. Es gab im März 1931 einen Hirtenbrief der Bischöfe der Paderborner Kirchenprovinz, der die Mitgliedschaft von Katholiken in der NSDAP ausschloss. Auch die Verlautbarungen des Vatikans vor 1933 konnten für gläubige Katholiken als Verbot der Wahl der NSDAP und der Mitwirkung in der Nazibewegung verstanden werden. Der Katholizismus hatte es insofern leicht, als er selbst mit dem Zentrum eine eigene politische Partei besaß, und mit der Bayerischen Volkspartei eine süddeutsche Abspaltung, mit der gläubige Katholiken Einfluss auf die Politik nehmen konnten. Dass diese vatikanische Botschaft nicht bei allen Katholiken ankam, zeigen die Wahlergebnisse von 1930 und 1932, als zwar das Zentrum relativ stabil blieb, aber die NSDAP auch im katholischen Milieu aus dem Kreis der Nichtwähler eine große Zahl von Unterstützern gewinnen konnte. Angriffe trotz Einordnung weiterlesen »

Mut zur Auseinandersetzung

geschrieben von Steffen Butzkus, Projekt gedenkplaetze.info

6. Mai 2025

Projekt zu den Endphasenverbrechen in Sachsen: Letzte Tage im Zweiten Weltkrieg

Mit der Einnahme erster deutscher Städte durch die Alliierten und den Erfolgen der Roten Armee an der Ostfront, die nun vor Warschau stand, begann das letzte Kapitel der NS-Herrschaft in Europa. Aufgrund der ausweglosen militärischen Situation an den Fronten versuchte das faschistische Regime, seine Herrschaft durch Gewalt zu stabilisieren. Diese richtete sich vor allem gegen Zivilist:innen und Soldaten, die der Wehrkraftzersetzung oder der Fahnenflucht beschuldigt wurden, KZ-Häftlinge auf Todesmärschen sowie Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangene aus anderen Ländern. Diese Verbrechen werden auch als sogenannte Endphasenverbrechen bezeichnet.

Nach dem gescheiterten Attentat im Juli 1944 wurde die Ahndung von Straftaten innerhalb der Wehrmacht, die als politisch eingestuft wurden, an die sogenannten Sondergerichte übergeben. Diese Gerichte zeichneten sich dadurch aus, dass ihre Urteile vor allem politischer Natur waren und der Umsetzung der Interessen der NSDAP dienten. Ab Februar 1945 wurden die Befugnisse dieser Sondergerichte auch auf Zivilist:innen ausgeweitet. Insbesondere ab Winter 1944 nahmen die Verurteilungen aufgrund von »Wehrkraftzersetzung« oder Desertionen drastisch zu. Zudem verübten einzelne SS-Verbände immer wieder Verbrechen an Zivilist:innen, die versuchten, Soldaten vom Kampf abzubringen, zu früh weiße Fahnen an ihren Häusern anbrachten oder sich weigerten, bei der Errichtung von Befestigungsanlagen mitzuwirken. Mut zur Auseinandersetzung weiterlesen »

Deutsch-jüdische Verflechtungen

geschrieben von Bernd Hüttner

6. Mai 2025

Ein neuer Band dokumentiert eine Tagung des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden

Durch die Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion hat sich die Zusammensetzung der jüdischen Communities in Deutschland fundamental verändert. 2020 lebten hierzulande mehr als 275.000 Personen, die mindestens einen jüdischen Großelternteil, und davon 118.000, die nach orthodoxer Interpretation jüdischen Status hatten, von diesen wiederum waren knapp 94.000 Mitglied in den gut hundert Gemeinden (S. 174). Zudem leben heute geschätzt 20.000 Israelis in Deutschland, zwei Drittel davon in Berlin. Zum Vergleich: Ende der 1980er-Jahre lebten in Westdeutschland ungefähr 28.000 Jüdinnen sowie Juden in den überalterten Gemeinden, und in der DDR waren es nur noch wenige Hundert. Diejenigen, die in der frühen BRD jüdisches Leben wiederbegründet hatten, waren meist Displaced Persons gewesen oder deren Nachkommen.

Diese Entwicklung hat eine neue Diversität erzeugt, was jüdische Religion, Kultur und Selbstverständnis angeht. Sie hat immense Bedeutung für die Sichtbarkeit jüdischen Lebens ebenso wie für die Erinnerungsgemeinschaften und -politik. Es gibt eben nicht die eine, homogene deutsch-jüdische Geschichte, sondern komplexe Muster und Verflechtungen. Deutsch-jüdische Verflechtungen weiterlesen »

Latte hoch gelegt

geschrieben von Axel Holz

6. Mai 2025

Sich gegen Nazis zu stellen, erforderte Mut: Zum Film »Bonhoeffer«

Die US-Kinoproduktion »Bonhoeffer« unter der Regie von Todd Komarnicki läuft seit Mitte März in den deutschen Kinos und sorgte für einige Diskussionen. Das liegt auch daran, dass es der Regisseur mit der historischen Wahrheit nicht ganz so genau nimmt und diese Abweichungen als künstlerische Freiheit verkauft. So weit, so schlecht. Wenn aber dabei herauskommt, dass Dietrich Bonhoeffer angeblich mit Churchill in Verbindung stand und an Attentatsplänen auf Hitler direkt beteiligt war, sorgt dies für mehr als Stirnenrunzeln.

Bonhoeffer kannte über Hans von Dohnanyi solche Attentatspläne, war aber nicht an deren Umsetzung beteiligt. Im Film wird Bonhoeffer zum Kriegsende von den Nazis hinter einer Scheune auf einem Feld erhängt. Tatsächlich fand die Hinrichtung am 9. April 1945 nackt im Konzentrationslager Flossenbürg statt, wie dies in der Verfilmung des Stoffs mit Ulrich Tukur aus dem Jahr 2000 gezeigt wird, ohne dabei die Würde des Opfers zu verletzen. Der aktuelle Film hat aber auch Stärken darin, wie das Ringen Bonhoeffers mit seinen Entscheidungen und seinem Glauben dargestellt und seine Zweifel und Schwächen vermittelt werden. Latte hoch gelegt weiterlesen »

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