Das trifft den Nerv der Zeit

6. Juli 2025

Klassenwidersprüche benennen als Teil von Gewerkschaftspolitik gegen rechts. Ein Gespräch mit Lisa Baumeister

Lisa Baumeister ist ver.di-Gewerkschaftssekretärin in Berlin-Brandenburg und verantwortlich für die  Landesbezirksfachgruppe Abfallwirtschaft.

antifa: Du bist bei ver.di Berlin-Brandenburg für die Landesbezirksfachgruppe Abfallwirtschaft tätig. Wie stellt sich im Hinblick auf Rassismus sowie Neonazismus die Lage in den Belegschaften und in den gewerkschaftlichen Strukturen dar?

Lisa Baumeister: Unserer Kolleg:innen sind hauptsächlich in Betrieben der Müllabfuhr in Berlin und Brandenburg tätig. Das sind vorwiegend Kraftfahrer und Lader, so heißen jene, die die Tonnen ziehen. Die übergroße Mehrheit hier sind Männer, und es sind vorwiegend Beschäftigte mit einem niedrigen oder maximal mittleren Bildungsabschluss. Es gibt auch immer Ausnahmen, klar. Beim Blick in die Strukturdaten bei den AfD-Wahlergebnissen wird schnell deutlich, das ist genau die Klientel, mit der ich berufsmäßig vielfach Gewerkschaftsarbeit oder Tarifkampagnen in den Betrieben gestalte – in Brandenburg wird das noch viel deutlicher als in Berlin. Das trifft den Nerv der Zeit weiterlesen »

Tragende Säulen

geschrieben von Dieter Bahndorf

6. Juli 2025

Lokale Organisierung am Beispiel Hessen: AgR und VVN-BdA Frankfurt am Main

»Aufstehen gegen Rassismus« hat sich zu einem eigenständigen Organisierungsangebot für Menschen entwickelt, die vor allem der AfD etwas entgegensetzen wollen. In über 70 regionalen und lokalen Gruppen und Bündnissen werden Bildungsveranstaltungen, Kundgebungen, Demonstrationen, Konzerte, Flyer- und Plakataktionen durchgeführt. Im Büro in Berlin arbeiten mehrere Hauptamtliche. Sie organisieren die praktische Arbeit, verbinden die lokalen Gruppen miteinander und koordinieren die Stammtischkämpfer*innen-Seminare bundesweit. Richtung und Schwerpunktsetzung der Aktivitäten werden in verschiedenen Arbeitsgruppen und Ausschüssen bestimmt, die sich regelmäßig treffen und absprechen. Tragende Säulen weiterlesen »

Kompass für sein Leben

geschrieben von Gerhard Hoffmann

6. Juli 2025

Vor einhundert Jahren, am 3. August 1925, wurde Günter Pappenheim geboren

Ein professioneller Akkordeonist hatte die ersten Töne der französischen Nationalhymne gespielt, als sich im Festsaal die Gäste aus Frankreich und dann alle Anwesenden von den Plätzen erhoben. Die Franzosen sangen ihre »Marseillaise« textsicher. Auf einem kleinen Tisch war eine Ziehharmonika mit Gebrauchsspuren ausgestellt. In der ersten Reihe neben dem Botschafter Frankreichs in Deutschland stand Günter Pappenheim, ein würdiger Alter mit seinen 92 Jahren. Auf Erlass des französischen Präsidenten waren ihm an diesem 27. Januar 2017 in Erfurt die Insignien eines Kommandeurs der Ehrenlegion Frankreichs überreicht worden. Eine der höchsten staatlichen Auszeichnungen der Französischen Republik für einen deutschen Antifaschisten!

Das war insofern bemerkenswert, als der Vorschlag, Günter mit dem Bundesverdienstkreuz zu ehren, mit der lapidaren Begründung »nicht auszeichnungswürdig« ablehnend beschieden worden war. Der Botschafter Frankreichs zeichnete den Lebensweg des Geehrten nach. Günter ergänzte in seinen Dankesworten, und es kam die ausgestellte Ziehharmonika in Rede. Um die zu besitzen, hatte der Lehrling vom kargen Lehrlingsgeld lange gespart. Inzwischen war er Schlosser in der Werkzeugfabrik »Gebrüder Heller« in Schmalkalden. In der mittäglichen Arbeitspause am 14. Juli 1943 hatte er die »Marseillaise« auf der Ziehharmonika gespielt. An diesem Tage gedachten die zur Zwangsarbeit eingesetzten französischen Kriegsgefangenen in der Fabrik des Sturms auf die Bastille und der Revolution von 1789. Der Tag war ihr Nationalfeiertag, und je kräftiger sie sangen, desto leidenschaftlicher spielte Günter. Von einem deutschen Kollegen denunziert, wurde Günter in der Fabrik von der Geheimen Staatspolizei verhaftet und nach Suhl gebracht. Kompass für sein Leben weiterlesen »

Rechtsruck auch in Portugal

6. Juli 2025

Extrem rechte Chega zweitstärkste Kraft

Im Mai 2025 fanden in Portugal vorgezogene Parlamentswahlen statt, da Ministerpräsident Luís Montenegro eine von ihm selber initiierte Vertrauensabstimmung deutlich verloren hat. Dieses Ergebnis ist Ausdruck einer politischen Instabilität des Landes, die bereits im vergangenen Jahr anlässlich des 50. Jahrestages der »Nelkenrevolution« sichtbar geworden ist. Im April vor einem Jahr demonstrierten einen Monat nach der damaligen Parlamentswahl weit über eine Million Menschen allein in Lissabon für die Verwirklichung der Zielstellungen, die in der »Nelkenrevolution« und der anschließenden Volksbewegung zugesagt worden waren. Dass diese ausblieb, hatte zu einem deutlichen Vertrauensverlust der Mitte-Rechts-Regierung unter Ministerpräsident Montenegro geführt. Rechtsruck auch in Portugal weiterlesen »

Trumps Angriff auf Unis

geschrieben von André Wartmann

6. Juli 2025

Die Schwächung der Hochschulen ist seit langem erklärtes Ziel der US-Rechten

Mitte Mai erreichte die Auseinandersetzung zwischen der Trump-Administration und den US-Elite-universitäten einen vorläufigen Höhepunkt: Das für die Vergabe von Visa zuständige Department of Homeland Security (DHS) entzog der Harvard-Uni (Cambridge, Massachusetts) die Zulassung für das Student and Exchange Visitor Program. Damit ist es rund 7.000 ausländischen Studierenden (immerhin 27 Prozent der Immatrikulierten) nicht mehr möglich, sich im kommenden Semester in Havard einzuschreiben. Inzwischen hat die US-Regierung alle Botschaften angewiesen, keine Visa mehr für Studierende, Austauschschüler*innen, Au-pairs und junge Erwachsene, die in den USA ein Praktikum machen wollen, zu vergeben. Damit ist nahezu allen jungen Menschen der Aufenthalt zur Weiterbildung und zum Studium im gesamten Land verwehrt (zum antifa-Redaktionsschluss verlängerte die US-Bundesrichterin Allison Burroughs die Blockade von Einreiseverboten für Harvard-Studenten, die bereits zuvor zweimal vorübergehend außer Kraft gesetzt wurden). Trumps Angriff auf Unis weiterlesen »

Friedliche Perspektive

geschrieben von Ulrich Schneider

6. Juli 2025

Potsdamer Abkommen: Vision für antifaschistisch-demokratische Gesellschaft

Die Potsdamer Konferenz ist seit längerer Zeit einer der Angriffspunkte geschichtsrevisionistischer Umschreibung des Jahres 1945. Ohne Zweifel war diese alliierte Konferenz zur Neuordnung Deutschlands und Europas nach der Befreiung vom Faschismus vom 17. Juli bis 2. August 1945 im Cecilienhof von Potsdam von grundlegender Bedeutung. Auf ihr trafen sich die Staatschefs der drei Siegermächte Großbritannien (Churchill, später Attlee), Sowjetunion (Stalin) und USA (Truman), um Festlegungen für das Nachkriegseuropa zu treffen. Wichtige Punkte waren bereits auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 festgelegt worden, zum Beispiel der Umgang mit Deutschland und Österreich nach dem Sieg, die Notwendigkeit der Reparationszahlungen sowie Instrumente und Grundlagen einer friedlichen Nachkriegsordnung. Nach dem militärischen Sieg in Europa und dem erkennbaren Ende des Krieges im pazifischen Raum sollten nun Regeln für den politischen Neubeginn insgesamt definiert werden.

Im Potsdamer Abkommen wurden politische und geopolitische Festlegungen getroffen, die eine friedliche europäische Nachkriegsordnung ermöglichen sollten. Die Grenzen wurden neu geordnet, wobei durch Umsiedlungen vermieden werden sollte, dass große nationale Minderheiten in den neugeschaffenen Staaten verblieben. Dass dies vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem deutschen Faschismus in erster Linie zu Lasten der deutschstämmigen Bevölkerung ging, kann nicht überraschen. Bezogen auf Polen wurden dessen Westgrenze (Oder-Neiße-Linie) und der polnische Anteil Ostpreußens endgültig fixiert, wobei zu diesem Thema auch eine polnische Delegation gehörte wurde. Eine zentrale Frage war die Überführung der deutschen Bevölkerungsteile aus Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei. Dabei ging es nicht um das ob, sondern nur in welcher Geschwindigkeit und wohin die Umsiedlung erfolgen solle. Bei aller Härte im Einzelfall gelang es auf diese Weise, Minderheitenkonflikte in Mitteleuropa weitgehend zu vermeiden. Friedliche Perspektive weiterlesen »

Vereinter Antifaschismus

geschrieben von Dirk Schneider

6. Juli 2025

Vor 90 Jahren: Volksfront-Allianzen in Frankreich, Spanien und Deutschland

Was zwischen dem 25. Juli und dem 20. August 1935 auf dem VII. und letzten Weltkongress der Kommunistischen Internationale (Komintern) in Moskau verabschiedet wird, ist nicht weniger als ein radikaler Paradigmenwechsel im Kampf gegen den weiter erstarkenden europäischen Faschismus. Entgegen der bis dahin vorherrschenden Sozialfaschismusthese im kommunistischen Lager, nach der Sozialdemokratie und Faschismus zwei Seiten derselben Medaille seien, inkorporiert die Idee der Volksfront nun nicht mehr nur die einstmals verhasste Sozialdemokratie, sondern sogar Teile der liberalen Bourgeoisie in das antifaschistische Bollwerk. Vereinter Antifaschismus weiterlesen »

Strukturen des Aufstands

geschrieben von Wanja Musta

6. Juli 2025

Der Deutsche Bauernkrieg als soziale und militärische Bewegung

Der Deutsche Bauernkrieg von 1524 bis 1526 war einer der bedeutendsten sozialen Konflikte des ausgehenden Mittelalters. Er speiste sich aus wirtschaftlicher Not, politischen Spannungen und religiösen Umbrüchen – und war keineswegs ein unorganisierter Aufruhr. Vielmehr entstand eine komplexe soziale Bewegung mit militärischen, politischen und kulturellen Ausdrucksformen.

Die Aufständischen organisierten sich in sogenannten Haufen – lose militärische Verbände wie der Seehaufen, der Oberallgäuer, der Schwarze Haufen oder der Helle Haufen. Zwar fehlte eine überregionale Koordination, doch viele dieser Einheiten verfügten über kampferfahrene Mitglieder, etwa ehemalige Landsknechte. Oftmals wurden ihre Anführer von allen Beteiligten gewählt – nicht nach Stand, sondern nach Kompetenz, Charisma oder Erfahrung. Bauern, Söldner, Gastwirte und sogar Adlige übernahmen Führungsrollen.

Die Bewegung war sozial heterogen: Neben bäuerlichen Akteur:innen beteiligten sich städtische Unterschichten, Handwerksgesellen, verarmte Söldner, Geistliche und marginalisierte Gruppen wie Vagabund:innen. Diese Vielfalt führte zu Spannungen und erschwerte einheitliche Strategien. Radikale Prediger wie Thomas Müntzer prägten Teile der Bewegung ideologisch – mit Forderungen nach sozialer Umwälzung –, blieben aber zahlenmäßig begrenzt. Strukturen des Aufstands weiterlesen »

Verleugnete Geschichte

geschrieben von Liane Lieske und Mareike Borger

6. Juli 2025

Ein Buch zu 80 Jahren Frankfurter Rundschau

Das Buch »Zeitung im Kampf« verspricht viel: Die erste »ausführlich zusammenhängende« Darstellung der bewegten Geschichte der Frankfurter Rundschau (FR), die im August ihren 80. Geburtstag feiert. Illustriert mit zahlreichen Fotos erzählt Claus-Jürgen Göpfert die Geschichte der Zeitung, in deren Redaktion er von 1985 bis 2020 arbeitete. 35 Jahre lang berichtete er aus der Mainmetropole und wurde bei der Buchvorstellung Ende Mai als »eine Instanz der Frankfurter Kommunalpolitik« bezeichnet.

Vor diesem Hintergrund mit seinen persönlichen Erfahrungen, Informationen aus Archiven und Bio-grafien, mit Hilfe zahlreicher Zeitzeug*innen wie Daniel Cohn-Bendit sowie Hintergrundgesprächen gelingt dem Autor eine tiefgründige und spannende Nacherzählung des Aufstiegs der FR von einer Lokalzeitung zu einer überregionalen Zeitung und auch ihres Niedergangs und ihrer Insolvenz. Verleugnete Geschichte weiterlesen »

Sinnlose »Verteidigung«

geschrieben von Axel Holz

6. Juli 2025

Die Ausstellung »1945 – Widerstand gegen den Nationalsozialismus am Kriegsende«

Zum Kriegsende stellten sich zahlreiche Menschen den NS-Zerstörungsbefehlen entgegen und versuchten, die sinnlose »Verteidigung« ihrer Heimatorte zu verhindern. Einiger Widerständler wurde im Nachkriegsdeutschland bereits früh gedacht, andere blieben lange Zeit vergessen. Die noch bis 25. August gezeigte Ausstellung »1945 – Widerstand gegen den Nationalsozialismus am Kriegsende« in der Berliner »Gedenkstätte Deutscher Widerstand« erinnert an diese Menschen und an ihren Mut angesichts der Todesdrohungen der NS-Führung. Sinnlose »Verteidigung« weiterlesen »

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