Auf den Spuren der Täter

geschrieben von Ulrich Sander

5. September 2013

Rallye »Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945« gestartet

Mai-Juni 2008

Ein Pressebüro Friedrich Flicks teilte am 26. November 1932 vertraulich »die überraschende Tatsache (mit), dass fast die gesamte Industrie die Berufung Hitlers, gleichgültig unter welchen Umständen, wünscht.« In den Schulbüchern wird heute nichts von diesem Wunsch der Großindustrie mitgeteilt, sondern der Eindruck vermittelt, nur eine geringe Minderheit der Industrie- und Finanzwelt habe die Machtübertragung an die Nazis gewollt. Doch gerade auf dem Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens waren und sind jene Wirtschaftseliten und ihre Nachfolger tätig, die Hitler wollten, von seiner Herrschaft und seinem Krieg profitierten und die ihn auch bezahlten. Noch heute finden wir an Rhein und Ruhr die Tatorte der Sklavenarbeit, der Ausbeutung, der Hochrüstung und der Vernichtung durch Arbeit: IG Farben/Bayer in Leverkusen, Krupp in Essen, Quandt in Hagen und Lüdenscheid, Thyssen in Duisburg und Dortmund, Oetker in Bielefeld, Flick im Siegerland und in Gelsenkirchen, Kirdorf in Mülheim, Henkel in Düsseldorf, ferner die Zechen- und Stahlstandorte, die Bankhäuser wie auch die Betriebe, die bis heute nichts oder kaum mehr als ein Trinkgeld für die ehemaligen Zwangsarbeiter herausrückten.

Den Kampf nicht einzustellen, bis auch die letzten Schuldigen vor den Richtern der Völker stehen, das schworen 1945 die Häftlinge in Buchenwald. Die Verbrechen der deutschen Wirtschaft von 1933 bis 1945 sind daher der Gegenstand einer Großrecherche der VVN-BdA in Nordrhein-Westfalen, die mit Aktionen am 4. Januar vor dem ehemaligen Kölner Bankhaus Schröder und am 7. Januar vor dem Gelände der ehemaligen Springorum-Villa in Dortmund begann. Dort fanden im Januar 1933 die Verhandlungen der Nazis mit Wirtschaftsführern statt, die zu Diktatur, Krieg und Holocaust führten.

In den Städten und Gemeinden mit ähnlichen Standorten und Schauplätzen des Unrechts werden nun weitere Aktionen und Informationsveranstaltungen stattfinden, es wird recherchiert und dokumentiert. An den Tatorten sollen Informationstafeln angebracht werden. Die »Forschungsergebnisse« werden in einer Gesamtdokumentation zusammengefasst und können zur Grundlage für eine Ausstellung »Verbrechen der Wirtschaft 19331945« werden, ähnlich der Wehrmachtsausstellung. Vielleicht finden sich ja auch Nachahmer unserer Aktion in anderen Bundesländern. Der Bundesausschuss der VVN-BdA hat Unterstützung bei der Schaffung einer Ausstellung zugesagt.

Die Stiftungen für politische Bildung wurden um materielle Hilfe gebeten. Wer ebenfalls helfen möchte, hier das Konto:
VVN NRW Postbank Essen
BLZ 360 100 43
Kontonummer: 282 12 – 435

Großer Wert wird auf den Bündnischarakter der »Rallye« gelegt, so der Name des Projekts, weil die gesamte Landesorganisation sich mit anderen Gruppen bei den Aktionen an den verschiedenen Orten gegenseitig unterstützt und einen »Atlas der Tatorte« anfertigen will.