Die Szene radikalisiert sich

5. September 2013

Carsten Hübner über aktuelle Tendenzen unter Neonazis

Nov.-Dez. 2009

Carsten Hübner arbeitet als freier Journalist für Radio, Print und TV in Berlin. Er betreibt außerdem das Watchblog www.eurorex.info, das sich mit der extremen Rechten in Europa und ihrer Vernetzung befasst.

Der Fall des mutmaßlichen Bombenbauers Thomas Baumann aus Weil am Rhein (Baden-Württemberg) hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Nach Hinweisen aus antifaschistischen Kreisen hatte die Polizei Ende August bei der Durchsuchung seiner Wohnräume größere Mengen von Chemikalien gefunden, aus denen nach Expertenangaben binnen weniger Stunden Sprengstoff hergestellt werden kann. Die Beamten stellten einschlägige Fachliteratur, Laborgegenstände, Zündschnüre, elektrische Bauteile für Fernzünder und Gegenstände zur Herstellung von Rohrbomben sicher. Außerdem war der 22-jährige Funktionär der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) im Besitz von zwei Gewehren, einer scharfen Handfeuerwaffe, zwei Gaspistolen und zahlreichen Messern, Dolchen und Bajonetten.

Wenig später stellte sich heraus, dass zu Baumanns Gesinnungsgenossen auch ein Soldat einer Spezialeinheit der Bundesmarine gehört. Außerdem gibt es Hinweise, dass weitere Personen aus seinem Umfeld ebenfalls chemische Substanzen erworben haben. Beides widerspricht der zunächst geäußerten Einzeltäterthese der Polizei. Inzwischen ist jedoch auch Baumann wieder auf freiem Fuß. Als Gruppenführer der Freien Kräfte Lörrach und dortiger JN-Stützpunktleiter verfügt er über eine Vielzahl von Kontakten ins regionale NPD- und Kameradschaftsspektrum. Nach Einschätzungen vor Ort ist er eine Schlüsselfigur in der Naziszene Südbadens.

»Durch die Festnahme ist ein möglicherweise unmittelbar bevor stehendes Blutbad verhindert worden«, warnte die VVN-BdA Baden-Württemberg in einer ersten Erklärung. Weiter hieß es in dem Schreiben, eine neue Dimension von organisierter terroristischer Nazi-Gewalt sei sichtbar geworden, die sofortiges Handeln auf allen Ebenen erforderlich mache. Als mögliche Anschlagsziele nannte die Autonome Antifa Freiburg, die in Sachen Baumann schon seit längerem recherchiert, den für seine antifaschistischen Aktivitäten bekannten DGB-Vorsitzenden von Freiburg und das dortige Autonome Zentrum KTS. Tatsächlich wurde nur zwei Wochen später, in der Nacht auf den 9. September, auf das Gebäude ein Brandanschlag verübt, der Sachschäden in mehreren Räumen und an der Fassade verursachte.

Der Besitz von Waffen und Sprengstoff ist im neonazistischen Spektrum mehr als eine private Marotte einzelner Kader oder Szeneanhänger. Er entspricht den verquasten Krieger- und Kämpfermythen eines rechten Männerbildes. Die faschistische Ideologie selbst ist genuin gewalttätig. Die physische Bedrohung bis hin zur Liquidierung des politischen Gegners und gesellschaftlicher Gruppen, die als minderwertig definiert werden, ist nicht Exzess, sondern Ziel faschistischer Aktion und Herrschaft.

Die Folgen sind eklatant, wenngleich sich die rechtsextremen Parteien und das Gros der organisierten Kameradschaftsszene aufgrund der gegenwärtigen gesellschaftlichen Machtverhältnisse in ihren öffentlichen Statements zumeist von Gewalt als Mittel der Politik distanzieren. Denn ihre Anhängerschaft und die neonazistisch und rassistisch beeinflussten Milieus legen deutlich weniger Zurückhaltung an den Tag, wie bereits die offiziellen Zahlen belegen.

So ist nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) allein die Zahl der einschlägigen Gewaltdelikte in den vergangenen zehn Jahren um ein Drittel gestiegen. Wurden 1998 noch 708 Fälle registriert, waren es im Jahr 2008 bereits 1.042 Taten – darunter auch zwei vollendete und vier versuchte Tötungsdelikte. Eine Trendwende ist nicht zu erwarten. Nach vorläufigen Angaben der Bundesregierung erfasste die Polizei zwischen Anfang Januar und Ende Juni 2009 insgesamt 427 Gewalttaten, die sie der Kategorie »Politisch motivierte Kriminalität – rechts« zuordnet. Durch Nachmeldungen erhöhen sich die Halbjahreszahlen üblicherweise noch merklich.

Das Gesamtaufkommen rechtsextremer Kriminalität ist deutlich größer. Neben Delikten gegen das Leben und die Gesundheit anderer und umfasst es auch Sachbeschädigungen, Nötigungen, Bedrohungen, Propagandadelikte und Fälle von Volksverhetzung. Hier lag die Steigerungsrate im Vergleichszeitraum 1998 (11.049) bis 2008 (19.894) sogar bei 80 Prozent. Für die ersten sechs Monate dieses Jahres hat das Bundesinnenministerium bereits 9.119 Straftaten ausgewiesen. In den offiziellen Zahlen naturgemäß nicht enthalten sind Delikte, die aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Anzeige kamen oder deren politische Dimension von den ermittelnden Beamten verkannt oder bewusst heruntergespielt wurde.

Wie groß diese Dunkelziffer womöglich ist, lassen die unterschiedlichen Angaben zu rechtsextremen Tötungsdelikten erahnen. So geht Dominique John, Mitarbeiter des Potsdamer Vereins Opferperspektive und ehemaliger Koordinator der Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt in Berlin und den Neuen Ländern, von »deutlich mehr als 120 Menschen« aus, die seit Oktober 1990 bei rechtsextrem motivierten Angriffen ums Leben gekommen sind. Die Bundestagsfraktion Die Linke hat sogar 141 Todesopfer rechter Gewalt gezählt. Demgegenüber nannte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine diesbezügliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Pau und Ulla Jelpke lediglich 40 Tote, die ihr bis Ende 2007 aus den Ländern gemeldet worden seien.

Auf welche Weise eine derartige Diskrepanz zustande kommt, zeigt das vergangene Jahr. Von vier Tötungsdelikten, denen augenscheinlich ein rechtsextremes Motiv zugrunde lag, tauchten in der Statistik des BKA und im Verfassungsschutzbericht 2008 lediglich zwei Fälle auf. Eine Differenz, die von der Bundesregierung offensichtlich in Kauf genommen wird. In ihrer Stellungnahme gegenüber der Linksfraktion heißt es dazu lapidar: »Mit dem auf Grundlage des geltenden Definitionssystems Politisch motivierte Kriminalität eingeführten Kriminalpolizeilichen Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) steht seit dem 1. Januar 2001 ein zeitnahes, aussagekräftiges und differenziertes Instrument auch zur statistischen Darstellung der Politisch motivierten Kriminalität zur Verfügung«.

Die Ablehnung von Gewalt durch die rechtsextremen Wahlparteien ist vor allem als politisches Blendwerk und Versuch zu werten, sich den Weg in die Mitte der Gesellschaft nicht durch die direkte Verwicklung in Gewalttaten zu verbauen. Stattdessen munitionieren sie mit ihrer Hetze gegen Andersdenkende und Minderheiten gezielt ein Klima der Ausgrenzung und Aggression. »Angstzonen«, sogenannte No-Go-Areas für Demokraten und Migranten, sind die Folge – und bieten gleichzeitig gute Voraussetzungen für den weiteren Strukturaufbau. Die Erfahrungen in vielen Regionen Ostdeutschlands zeigen, dass zunächst militante Kameradschaften mit Unterstützung erfahrener Kader den Boden bereitet haben, bevor die NPD mit ihrer eigentlichen Parteiarbeit begonnen hat.

In dem bereits 1991 veröffentliche Konzeptpapier »Schafft befreite Zonen« aus den Reihen der NPD-Studentenorganisation Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) heißt es dazu: »Aus militanter Sicht befinden wir uns dann in einer befreiten Zone, wenn wir nicht nur ungestört demonstrieren und Info-Stände abhalten können, sondern die Konterrevolutionäre dies genau nicht tun können. Dazu muß man sich die Orte genau auswählen. Es genügen zehn oder zwölf entschlossene Revolutionäre und WIR bestimmen, was aus militanter Sicht in einer Stadt ist und was nicht.« Die in dem Text propagierten Methoden zur Eroberung »konkreter Gegenmacht« reichen von der gezielten Unterwanderung gesellschaftlicher und sozialer Strukturen bis hin zu dem Versuch, durch die Konzentration rechtsextremer Aktivisten in einer Wohngegend »vor Ort sichtbar Macht auszudrücken«.

Mit dem 1996 in der NPD vollzogenen Führungswechsel hin zu Udo Voigt und der von ihm beförderten Öffnung gegenüber der militanten Neonaziszene ist es der Partei gelungen, sukzessive wichtige Szeneaktivisten und deren Strukturen an sich zu binden. Auf diese Weise konnte sie die Zahl ihrer Mitglieder von 3.500 auf 7.000 verdoppeln und ihre Aktionsfähigkeit spürbar erhöhen. In einflussreichen Landesverbänden wie Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen ist die Verschmelzung zwischen Partei und Teilen der Kameradschaftsszene bereits so weit fortgeschritten, dass sie sich kaum mehr auseinanderhalten lassen. Im NPD-Bundesvorstand sitzen mit Thorsten Heise, Thomas Wulff und Andreas Thierry drei führende Neonazi-Kader. Der bundesweit bekannte rechtsextreme Anwalt und Millionär Jürgen Rieger aus Hamburg war bis zu seinem Tod am 29. Oktober als stellvertretender NPD-Vorsitzender tätig.

Wie wichtig die Annäherung an das nicht parteigebundene rechtsextreme Spektrum für die NPD war, zeigt sich aber auch in einem anderen Zusammenhang. Denn insbesondere zur Machtdemonstration auf der Straße im Rahmen ihrer Demonstrationspolitik und als Helfer im Wahlkampf leistete die Neonazi-Szene zumeist gute Dienste – und sie ist im Gegensatz zu den Parteien weiterhin im Wachsen begriffen. Laut Verfassungsschutz erhöhte sich die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten und Neonazis von 8.820 im Jahre 1996 auf 14.400 im Jahre 2008. Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der parteigebundenen Rechtsextremisten, die Zuwächse der NPD bereits eingerechnet, von 33.500 auf 13.000 zurück.

Die zunehmende Vereinnahmung durch die NPD, die mittlerweile die uneingeschränkte Führungsrolle im extrem rechten Lager für sich beansprucht, sorgt in Teilen der Szene allerdings auch für Widerspruch. Am deutlichsten tritt dieser bei den sich seit 2002 zunächst in Berlin bildenden Gruppen der »Autonomen Nationalisten« (AN) zutage. Insbesondere bei Demonstrationen wiesen sie wiederholt die Disziplinierungsversuche der um ihren Ruf fürchtenden NPD zurück. Konfrontationen mit Ordnern der Partei und Überlegungen, die AN grundsätzlich von Veranstaltungen auszuschließen oder gewaltsam abzudrängen, waren die Folge. Mitte 2007 schließlich fasste der NPD-Bundesvorstand sogar einen Abgrenzungsbeschluss, der wenig später jedoch wieder relativiert wurde.

Wie bereits der Name vermuten lässt, orientieren sich die Autonomen Nationalisten bei ihren Aktionsformen und ihrem Outfit an der linken Szene. Die Vermummung bei Demonstrationen, das Auftreten als Schwarzer Block, ein hohes Aggressionspotenzial gegenüber Polizei und politischem Gegner sowie die Adaption linker Musik und Parolen, einschließlich der verwendeten Anglizismen, gelten als Markenzeichen der AN, denen bundesweit rund 500 Neonazis zugerechnet werden.

Im Gegensatz zu ihrem Gebaren sind die ideologischen Differenzen zum Gros der Szene eher unbedeutend. Anfänglich geführte Diskussionen über einen »revolutionären Nationalismus«, einen »modernen Nationalsozialismus« oder eine Querfrontstrategie ins linke politische Lager verliefen nach kurzer Zeit ergebnislos im Sande. Als Hochburgen gelten Berlin und Nordrhein-Westfalen, hier vor allem der Großraum Dortmund/Hamm.

Bundesweit auf sich aufmerksam machten die AN bei der Demonstration am 1. Mai 2008 in Hamburg, als es aus ihren Reihen zu kurzen aber heftigen Angriffen auf Gegendemonstranten und Polizei kam. Ebenfalls diesem Spektrum zuzurechnen ist der Überfall von rund 400 Neonazis auf eine Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes am 1. Mai 2009 in der Dortmunder Innenstadt. Zurück blieben mehrere Verletzte und die Frage, warum die Polizei trotz vorheriger Warnungen nicht ausreichend vorbereitet war. Denn die an den Tag gelegte Gewaltbereitschaft der lokalen und regionalen Szene, die sich um die AN-Struktur Nationaler Widerstand Dortmund gruppiert, kam keineswegs überraschend. Zwischen 2005 und 2008, so die antifaschistische Zeitschrift Lotta, verdoppelte sich die Zahl rechtsextrem motivierter Straftaten von 195 auf 402 gemeldete Delikte.

Zuletzt kam es am 10. Oktober bei einer Demonstration von rund 750 Neonazis durch Berlin und einem von der Polizei vereitelten Aufmarsch mit mehr als 1.000 Teilnehmern in Leipzig eine Woche später zu erheblichen Auseinandersetzungen, bei der zehn Beamte verletzt wurden. Eine extra eingerichtete »Soko Neonazi« ermittelt nun gegen 1.349 Rechtsextreme. Bei beiden Veranstaltungen dominierte das Spektrum der Autonomen Nationalisten.

Die Europäische Zusammenarbeit gewinnt auch in der neonazistischen und faschistischen Szene zunehmend an Bedeutung. Mit dem »Zentropa Clan« und seinem »Freundeskreis« ist in den vergangenen Jahren ein weitverzweigtes internationales Netzwerk der Militanten entstanden. Das Internet dient dabei nicht nur als zentrale Kommunikationsplattform. Mindestens ebenso wichtig ist die Vermittlung eines modernen rechten Lifestyles.

Zu den Blogs des »Zentropa Klan« gehören »Badabing« (Kanada), »Canal Mythos« (Frankreich), »Inconformista« (Portugal), O.N.G. (Hongkong) und natürlich »Zentropa« selbst, ein französisch-italienisches Projekt, das Mitte 2006 aus der Taufe gehoben wurde. Deutscher Ableger ist das seit rund eineinhalb Jahren bestehende Blog »Syndikat Z«. Es wird dem Spektrum der Autonomen Nationalisten aus Dortmund zugerechnet.

Zum internationalen »Freundeskreis« zählen zudem die Organisationen »Niew-Solidaristisch Alternatief«, »Jeune Nation« und »Nationalistisch Jong Studenten Verbond« (alle Belgien), »Russkiy Obraz« (Russland), »Sfarma Piastra« (Rumänien), die »English National Resistance« (Großbritannien), Squadristas (Argentinien), das »Thule Seminar« (Deutschland) sowie die »Radicalboys Brux« und der »Narodni Odpor« aus Tschechien. Weitere militante Gruppen wie die einflussreiche italienische Formation »Casa Pound« und eine ganze Anzahl neofaschistischer Bands bilden das direkte Umfeld. Zentropa ist damit neben Blood & Honour das derzeit bedeutendste militante Neonazi-Netzwerk in Europa.

Wer beim Surfen das erste Mal auf eine Webseite aus dem Zentropa-Netzwerk stößt, dürfte Schwierigkeiten haben, sie unmittelbar als Medium der extremen Rechten zu identifizieren. Keine Spur von der laienhaften und textdominierten, fast zwanghaft schwarz-weiß-roten Aufmachung, wie man sie vor allem aus der deutschen Szene kennt. Stattdessen ist das Layout von seiner Farbwelt und den verwendeten Typen her zumeist durchaus als stilvoll zu bezeichnen und von aufwändigen Grafiken, Fotos, Collagen und Comics geprägt. Andere Seiten orientieren sich stark an der Ästhetik des Futurismus. Der Anspruch, sich bereits vom Erscheinungsbild her abzuheben und als Avantgarde zu inszenieren, ist unübersehbar.

Was die Seiten außerdem charakterisiert, ist die Bandbreite ihrer Inhalte. Politische Aktionsberichte stehen ganz selbstverständlich neben Konzert- und Veranstaltungsankündigungen, theoretischen Artikeln, Beiträgen zur Geschichte und Werbung für rechte Klamotten und Musik. Vor allem das junge und subkulturell geprägte Aktivistenspektrum wird durch diesen ganzheitlichen Ansatz nicht nur politisch, sondern vor allem in seinem Lebensgefühl angesprochen.

Darüber hinaus erweitert die Überwindung gängiger Szeneklischees den bisherigen Adressatenkreis rechter Organisierungs- und Mobilisierungsversuche. Nazi-Hip-Hop aus Frankreich hat hier ebenso seinen Platz wie neofaschistischer Punkrock aus Italien oder NS-Black Metal aus Schweden. Die angebotene Kleidung unterscheidet sich, bis auf die verwendete Symbolik, kaum von der Mode der alternativen und linken Szene. Selbst linke Ikonen wie Che Guevara oder das Logo der »Antifaschistischen Aktion« erfreuen sich, nationalrevolutionär verfremdet, als gestalterische Elemente großer Beliebtheit.

Das Gros des rechtsextremen Lagers reagiert auf diesen »Modernismus« mit Verstörung und Ablehnung. Doch das scheint durchaus bezweckt zu sein. Zumindest aber wird es billigend in Kauf und wenig Rücksicht auf bestehende Befindlichkeiten genommen. Graffitis, der Schrecken des rechten Spießbürgers, werden als legitime Form der Propaganda gehypt. Der Style der Sprayer-Szene ist auf den Webseiten dieses Spektrums ebenso zu finden wie auf den einschlägigen Transparenten und Flugzetteln. Auch gegen das Dogma, als Europäische Nationalisten Anglizismen zu meiden wie der Teufel das Weihwasser, wird in aller Regelmäßigkeit verstoßen. Und so verabschiedeten sich die Macher von Zentropa.info in diesem Jahr mit dem Bild eines Wellenreiters und einem »Point ‚break‘!« in die Sommerpause.

Die Webseite des deutschen Zentropa-Ablegers »Syndikat Z« ist in der Vergangenheit wiederholt durch den unverhohlenen Umgang mit rechtsextremer Gewalt aufgefallen. So veröffentlichte sie unter anderem Anfang Juli ein Foto aus Griechenland, das mit dem zynischen Kommentar »Message in a Bottle« versehen war. Es zeigt einen Neonazi mit einem bereits entzündeten Molotowcocktail, der sich an einem Angriff auf eine antifaschistische Demonstration beteiligt. Der dazugehörige Text verlinkt außerdem zu einem Video von dem Vorfall.

Ende Juni fand sich auf der Seite zudem ein Werbetrailer für das zweite paramilitärische Trainingslager der militanten »Ungarischen Nationalen Front« (MNA) vom 10. bis 14. Juli 2009. »Vermittelt werden in theoretischen und praktischen Teilen Grundlagen der Themen Gefecht, Nahkampf, Waffenkunde etc.«, hieß es dazu. In dem Video zu sehen sind uniformierte Neonazis die, mit Maschinenpistolen bewaffnet, Schießübungen abhalten und im Häuserkampf trainiert werden. Ein Link führt direkt auf die Seite des Veranstalters.

Für den 17. November 2008 schließlich rief »Syndikat Z« zur »totalen Mobilmachung« in den tschechischen Ort Litvinov. Einen Monat zuvor war es dort bereits zu schweren Ausschreitungen hunderter Neonazis gegen Roma und Polizei gekommen. Mehrere Menschen wurden verletzt. Auch diesmal wieder sollte ein Aufmarsch der Partnerorganisation »Narodni Odpor« (Nationaler Widerstand) zum Wohngebiet der Roma führen, was die Polizei verhindern wollte. Es kam erneut zu schweren Straßenschlachten mit den über 1.000 angereisten Neonazis. Auf dem Blog hieß es dazu später unter anderem: »Die Bevölkerung Litvinovs zeigte sich, wie schon bei den vorrangegangen Aktionen, auch am 17. November solidarisch. So halfen die Bürger der Stadt den Kameraden sich Festnahmen zu entziehen, versorgten die Demonstranten mit Utensilien zur Selbstverteidigung, baten im Tumult ihre Ortskenntnis an und kümmerten sich um Verletzte!«

Darüber hinaus beteiligte sich »Syndikat Z« an der Kampagne zur Freilassung des spanischen Neonazis und Ex-Soldaten Josué Estébanez de la Hija, der im November 2007 einen unbewaffneten jungen Mann in der Madrider U-Bahn erstochen und einen weiteren schwer verletzt hat. De la Hija war auf dem Weg zu einer rechtsextremen Demonstration, die unter dem Motto »Gegen den antispanischen Rassismus!“ stand. Seine späteren Opfer wollten an einer Gegenveranstaltung teilnehmen. Vor der Tat war es lediglich zu einem Wortwechsel gekommen. Ein Gericht verurteilte ihn deshalb vor wenigen Wochen zu einer Freiheitsstrafe von 27 Jahren.