Ende eines langen Weges

geschrieben von Hans Canjé

5. September 2013

Dokumentationszentrum der Topographie des Terrors in Berlin vor
Fertigstellung

Juli-Aug. 2009

»Auf Wiedersehen am 9. Mai 2010« sagte Prof. Dr. Andreas Nachama, Geschäftsführender Direktor der Berliner Stiftung Topographie des Terrors, am Ende seiner Rede anlässlich des Richtfestes für den Neubau des Dokumentationszentrums auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Albert-Straße im Berliner Bezirk Kreuzberg. Dann soll, so sieht es der Zeitplan vor, eine über 50jährige und insgesamt nicht gerade rühmliche Nachkriegsgeschichte mit der Eröffnung dieses Hauses zu (einem guten) Ende gehen. Im Erdgeschoss des zweistöckigen Gebäudes mit einer Gesamtfläche von 45.700 Quadratmeter wird künftig die Dauerausstellung »Topographie des Terrors. Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt« ihren Platz haben. Das neue Haus bietet Räume für Wechselausstellungen und Veranstaltungen. Im Sockelgeschoss wird die Bibliothek der Stiftung angesiedelt. Nach Fertigstellung wird über das Gelände ein Rundweg mit 15 Stationen führen und einen Überblick über die Geschichte des historischen Ortes geben. Der Ausstellungsgraben bleibt erhalten.

Unter denen, die an diesem etwas verregneten 5. Mai zum Fest erschienen waren, sah man Frauen und Männer, die im Verlaufe dieser Jahrzehnte immer wieder, und zum Teil durch spektakuläre Aktionen, den Blick auf dieses Gelände gelenkt hatten. Mit langem Atem (und von den »Staatsschutzbehörden« dabei zeitweilig recht kritisch beobachtet) haben sie schließlich entscheidend dazu beigetragen, dass nun die Vollendung dieses Denkortes naht, die Zeit des unwürdigen Provisoriums vorbei ist. Die Vorkriegsgeschichte dieses Geländes ist mit Blut geschrieben. In der Prinz-Albrecht-Straße 8 waren in den Jahren der faschistischen Herrschaft das Hauptquartier der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und ab 1939 auch des Reichssicherheitshauptamtes. Im Hotel Prinz Albrecht saß die Reichsführung der SS. Der berüchtigte Sicherheitsdienst der SS (SD) hatte seinen Sitz im Prinz-Albrecht-Palais in der Wilhelmstraße 102. Von deren hier stehenden Schreibtischen aus ist der Völkermord an den europäischen Juden ebenso organisiert worden wie der an den Völkern der Sowjetunion und Polens. Mehr als 15 000 Gegner des Faschismus wurden im Kellergefängnis der Prinz-Albrecht-Straße gefoltert, nicht wenige haben die brutalen »Verhöre« nicht überlebt.

Ein Ort der Täter also. Ein Umstand, der nicht wenig dazu beigetragen hat, dass die Regierenden der Stadt diesem Ort so lange, zurückhaltend formuliert, »distanziert« gegenüber gestanden haben und finanzielle Probleme zum willkommenen Vehikel bei der Verschleppung der endlichen Beschlussfassung über den Bau und dessen Realisierung wurden. Das alles ist wohl dokumentiert von der Installierung des faschistischen Regimes über die Sprengung der baulichen Überreste der Terrorzentrale mit der (fast) Tilgung des Ortes aus dem öffentlichen Gedächtnis. Ebenso die Geschichte der »Erinnerungswütigen«, etwa der Internationalen Liga für Menschrechte, dem Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand oder der Berliner Geschichtswerkstatt. Zu schreiben bleibt die Geschichte der Mitarbeiter der Stiftung Topographie des Terrors, die mit der Dauerausstellung im Graben entlang der Niederkirchnerstraße, mit Ausstellungen am Bauzaun und anderen Aktivitäten dazu beigetragen haben, dass die Zahl der jährlichen Besucher auf 500 000 angestiegen und die Topographie damit zu dem meist besuchten Erinnerungsort der Hauptstadt geworden ist.