Thema verfehlt!

geschrieben von Hans Fricke, Rostock

5. September 2013

Geschichtsklitterei im Wahlkampf

Mai-Juni 2009

Die Strategie von Union und SPD für das Superwahl- und Supergedenkjahr 2009 läuft eindeutig darauf hinaus, die Geschichte der DDR in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit und Diskussion zu stellen, und auf diesem Wege eine politische Auseinandersetzung sowohl über die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre als auch über Bilanz und Zukunft des inhumanen und desaströsen neoliberalen Wirtschaftssystems zu vermeiden, um nach der Bundestagswahl wieder in gewohnter Weise zur Tagesordnung übergehen zu können.

In der seit einigen Wochen eskalierenden Debatte über die Bewertung der DDR bleiben die einen in der Manier kalter Krieger bei ihrem Pauschalurteil über den »totalen Unrechtsstaat« DDR, der laut Klaus Kinkel vor dem 15. Deutschen Richtertag »in weiten Bereichen genauso unmenschlich und schrecklich« gewesen sei »wie das faschistische Deutschland«, während sich die anderen seit kurzem moderater geben und für eine differenzierte Beurteilung der DDR plädieren.

Beiden geht es um Wählerstimmen und beiden scheint die Interpretattion der Vergangenheit von existenzieller Bedeutung für Gegenwart und Zukunft zu sein.

Daraus ergibt sich die Aufgabe, die Pläne der Geschichtsklitterer in Politik, Medien und Wissenschaft zu durchkreuzen, die verleumderischen Angriffe auf die DDR zurückzuweisen und die Geschichtsrevisionisten zu zwingen, die historische Wahrheit anzuerkennen und sich endlich auch kritisch mit der wenig rühmlichen Geschichte der Alt-BRD zu beschäftigen.

Das wiederum setzt voraus, Schluss zu machen mit der unerträglichen Doppelmoral und Heuchelei der Regierenden und der Konzern-Medien sowie mit der schon fast zur Gewohnheit gewordenen Schwarz/weiss-Malerei und der Praxis, die Alt-BRD und die DDR mit zweierlei Maß zu messen.

Das setzt weiter voraus, dass wichtige politische, ökonomische, militärische und geheimdienstliche Entwicklungen und Sachverhalte, die, soweit sie die DDR betreffen, seit zwanzig Jahren vollständig auf dem Tisch der Öffentlichkeit liegen, in Bezug auf die Alt-BRD nicht weiterhin streng unter Verschluss gehalten und kritische Nachfragen sowie Untersuchungen dazu tabuisiert werden dürfen.