Schritte gegen Diskriminierung

geschrieben von Janka Kluge

23. Januar 2014

Sinti und Roma in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg anerkannte Volksgruppen

 

Eine späte Anerkennung erfahren seit einiger Zeit Sinti und Roma in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. In beiden Bundesländern sind sie als Volksgruppen anerkannt worden. In Schleswig-Holstein wurden Ende Dezember 2012 die Rechte der Sinti und Roma in der Verfassung festgeschrieben. Noch ein Jahr zuvor war ein Vorstoß von SPD und Grünen in dieser Sache an der Weigerung der CDU gescheitert. Für die waren Sinti und Roma damals keine »landesübliche Minderheit«, wie es die Verfassung vorschreibt. Mit der Aufnahme in die Verfassung sollen in der Zukunft Sprache und Kultur von Sinti und Roma geschützt sein. Sie könnten außerdem eigene Schulen gründen. In einer ersten Stellungnahme lehnte der Landesvorsitzende der Sinti und Roma, Matthias Weiß, dies allerdings ab. Für ihn steht Integration in die Gesellschaft ganz oben auf der Liste der Wünsche für seine Volksgruppe.

Etwas anders sah es im Vorfeld der Vereinbarung über den Staatsvertrag Ende 2013 in Baden-Württemberg aus. In Heidelberg gibt es seit Anfang der neunziger Jahre das sehr sehenswerte Dokumentation- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma. In einer Ausstellung wird die über 600 jährige Geschichte ihrer Ansiedlung im späteren Deutschland geschildert. Genauso alt ist aber auch die Ausgrenzung und Diskriminierung von Sinti und Roma. Sie gipfelte schließlich in der Vernichtung durch die Nationalsozialisten. Das sogenannte »Zigeunerlager« in Auschwitz Birkenau ist untrennbar mit dem Leid der Sinti und Roma verbunden. Allein hier wurden mehr als 20 000 Menschen ermordet.

Nach der Befreiung vom Faschismus mussten viele Überlebende die Erfahrung machen, dass sie von den Behörden nicht als Opfer des Faschismus anerkannt worden sind. In den Buch »Von Antiziganismus bis Zigeunermärchen« (Heidelberg 2008) heißt es: »Ohne eine Spur von Unrechtsbewusstsein widersetzten sich viele Städte und Kommunen nach 1945 der Rückkehr und der Wiedereingliederung ihrer deportierten Mitbürger. Vorurteile und offene Ablehnung, schlugen den überlebenden Sinti und Roma entgegen, als sie in ihre Heimat zurückkehrten. Jede Familie hatte einen Großteil ihrer Angehörigen in den Konzentrationslagern verloren, alle waren härtesten Torturen ausgesetzt gewesen. Jetzt waren sie ausgezehrt, krank, verletzt, traumatisiert und gedemütigt mit leeren Händen zurückgekommen.«

Die hier beschriebene Diskriminierung von Sinti und Roma hält in ihren Grundmustern bis heute an. Antziganistische Einstellungen werden nach aktuellen Umfragen immer noch von fast Dreivierteln aller Deutschen geteilt. Sie lehnen es beispielsweise ab, dass Sinti und Roma in ihrer Nachbarschaft leben. Sie unterstellen ihnen, dass sie stehlen, lügen und schmutzig sind. Es ist deshalb ein wichtiger Schritt, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg in dem Staatsvertrag angekündigt hat, den Antiziganismus zu bekämpfen. Denn immer wieder werden antizaganistische Vorurteile auch in der Berichterstattung der Medien über vermeintliche Armutsflüchtlinge, aus Rumänien und Bulgarien verbreitet. Nicht ohne Häme hat sich zum Jahresende die angeschlagene NPD bei der CSU für ihre Unterstützung bei der Hetze gegen »Armutsflüchtlinge« bedankt.

Auch in vielen Ländern Osteuropas herrscht eine regelrechte Hetze gegen Sinti und Roma. Rechtsradikale Schläger überfallen zu Hunderten ihre Siedlungen verprügeln sie und zerstören ihr Hab und Gut, um sie zu vertreiben. Diese Menschen, die oft schon am Rand der Gesellschaft leben, müssen nun auch noch um ihr Leben fürchten.

Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralverbands der Sinti und Roma in Deutschland, betonte angesichts der Wandlung in der Landespolitik von Schleswig-Holstein: »Hier wird der Minderheit Schutz und Förderung über die Verfassung zugesichert. Ich denke, dass das ein Signal ist, nicht nur im Innern unseres Landes, sondern es ist auch ein Signal für die Europäische Union, wo die Situation der Minderheit in vielen Ländern besorgniserregend ist.«