Mit wem und wofür?

geschrieben von Regina Girod

19. April 2017

Bündnispolitik in schwierigen Zeiten

Nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA gab es wochenlang keine Nachrichtensendung, keine Zeitung, überhaupt kein Medium, aus dem einen nicht als erstes ein Foto von ihm entgegensprang, dazu eine Schlagzeile, was er nun wieder angeordnet, gesagt oder getan hat. Die Welt scheint völlig aus den Fugen. Ob Nato, Freihandel oder Feindbilder – was scheinbar für die Ewigkeit gegolten hat, wirkt auf einmal zur Disposition gestellt. Hilflose Reaktionen bei Freund und Feind. Wie verhält man sich als Vorkämpfer von TTIP, wenn die USA es plötzlich nicht mehr wollen? Und was bedeutet das für TTIP-Gegner? Einen Sieg, eine Niederlage, oder gar nichts?

Kampagnenseite www.aufstehen-gegen-rassismus.de

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So ratlos scheint die Oppositionsbewegung in den USA selber nicht zu sein. In kürzester Zeit hat sie Hunderttausende auf die Straße gebracht, die nicht zusehen wollen, wie ihnen Pluralität und Bürgerrechte, über Jahrzehnte hart erkämpft, nun im Handstreich genommen werden. Die USA sind tief gespalten. Trumps Politik ist ein Versuch, fundamentale Widersprüche auf reaktionäre Weise beherrschbar zu machen- ein höchst gefährliches Konzept.

Auch wegen seiner »Vorbildwirkung« für Europa und die Welt. Ein rechter Erdrutsch ist in vielen Ländern möglich, in manchen sogar schon Realität. Deshalb ist die Frage nach dem Verhältnis deutscher Linker zur Protestbewegung in den USA kein akademisches Problem.

Es geht in ihr um Bündnisfragen auch bei uns.

Gerade weil man noch nicht viel darüber weiß, welche Kräfte dort agieren, sind Projektionen deutlich zu erkennen, die manchen Wertungen zugrunde liegen. Die Mehrheit fühlt sich der Bewegung in den USA verbunden und hofft auf sie. Doch nicht alle.

Da sind auch jene, die in Trump um jeden Preis einen Partner Putins sehen wollen und bereit sind, alles auszublenden, was nicht in dieses Raster passt. Politisches Wunschdenken, manchmal noch ergänzt durch den Gedanken: »Wenn alle Gegner ihn verdammen, kann er so schlecht nicht sein«. Von einer Analyse ist das allerdings weit entfernt.

Und es gibt andere, die meinen, dass man die Protestbewegung nicht unterstützen darf, solange die Demokraten an ihr beteiligt sind. Die hätten die Misere schließlich mit verursacht und dürften davon nicht noch profitieren. Also lieber eine »kleine aber reine« Opposition, von der selbst Bernie Sanders ausgeschlossen bleibt? Ein Konzept, das mit Garantie in die Niederlage führt.

Spätestens hier sind die Parallelen zu unserer eigenen Situation unübersehbar. Wie breit darf ein Bündnis sein? Ist die AfD so gefährlich, dass man andere Ziele für den Kampf gegen sie zurückstecken muss? Oder orientiert man nun gerade auf die Überwindung des Bestehenden und erledigt die Gefahr von rechts dabei gleich mit?

Doch welche Kräfte stünden dafür überhaupt bereit? Man könnte auch versuchen, der AfD die Wähler abzujagen, indem man ihre Forderungen in abgeschwächter Form übernimmt…? Alles Fragen, die zurzeit in der deutschen Linken kursieren. Wirklich diskutiert aber werden sie nicht, meistens geht es nur darum, Positionen der jeweils anderen zurückzuweisen.

Gerade heute, wo alles in Veränderung begriffen ist, alte Widersprüche unverhofft verschwinden und dafür neue aufbrechen, ist der solidarische Diskurs über Werte, Strategie und Taktik der Linken unerlässlich geworden.

Wir müssen zu gemeinsamem Handeln kommen, sonst droht uns Marginalisierung!

Wie immer geht es dabei auch um Grenzziehungen. Wenn ich dem Parlamentarismus, d. h. dem Gewinn von Wählerstimmen zur Erreichung meiner Ziele höchste Priorität einräume, werde ich versuchen, die Probleme aufzugreifen, mit denen die AfD gerade punktet. Genau das praktizieren im Augenblick Vertreter aller Parteien, bis in die Linke hinein. Und bedienen dabei selbst das Bild der prinzipienlosen und korrupten Kaste, mit dem die AfD sie attackiert. Und – was noch schlimmer ist – das gesamte gesellschaftliche Klima wird nach rechts verschoben. Das betrifft uns alle, damit müssen wir uns auseinandersetzen.

Die Kampagne »Aufstehen gegen Rassismus« wird von einem breiten Bündnis getragen. Alleine daraus, dass in ihm politische Parteien, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen verbunden sind, resultieren viele Widersprüche. Interessen, Erfahrungen und politische Kultur unterscheiden sich. Es mangelt an Geld und Aktiven, wie eigentlich überall. Doch nirgends entstehen Verständnis und Solidarität so schnell, wie in der Arbeit an einem gemeinsamen Projekt.

Die VVN-BdA wird auch im Jahr 2017 ihre Mittel und Ressourcen für den Kampf gegen die AfD einsetzen. Wir bringen sie in das Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« ein. Weitere Mitstreiter dringend gesucht.

www.aufstehen-gegen-rassismus.de