Farben der Freiheit

geschrieben von Gerald Netzl

27. April 2024

Die Republik verteidigen: Vor 100 Jahren wurde das Reichsbanner gegründet

Im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e. V. engagieren sich heute Menschen mit dem Ziel, die demokratische Verfassungsordnung der BRD zu bewahren und zu stärken. Sie führen die Tradition des 1924 gegründeten und 1933 verbotenen Verbandes aktiv fort. Am 22. Februar 2024 beging das Reichsbanner in Magdeburg gemeinsam mit dem Landtag von Sachsen-Anhalt sein 100. Gründungsjubiläum. Vor dem Landtag, auf dem Domplatz, wurde eine Stele eingeweiht.

100 Jahre – und kein bisschen leise

Am 22. Februar 1924 wurde in Magdeburg Geschichte geschrieben. Deutschland stand noch unter dem Eindruck der schweren politischen Unruhen des Jahres 1923 mit faschistischen Umsturzversuchen und kommunistischen Aufständen. Die Weimarer Republik als erste Demokratie auf deutschem Boden war gefährdet. Deshalb gründeten Sozialdemokraten, Mitglieder der liberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und des katholischen Zentrums eine Organisation, die die Republik verteidigen und die Verfassung schützen sollte. Links vom Reichsbanner stand der Rote Frontkämpferbund der KPD, rechts standen Stahlhelm und SA. Ein knappes Jahrzehnt später wurde das Reichsbanner, dem bis zu eine Million Mitglieder angehörten, von den Nazis verboten. Seine Mitglieder wurden verfolgt, inhaftiert, ermordet und ins Exil getrieben.

Diese Stele auf dem Dorfplatz in Magdeburg erinnert an die Gründung des Reichsbanners

Diese Stele auf dem Dorfplatz in Magdeburg erinnert an die Gründung des Reichsbanners

Gemeinsam mit dem Landtag von Sachsen-Anhalt lud das heutige Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold zu einem Festakt. Politische Prominenz wie die SPD-Vorsitzende Saskia Esken, Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und zahlreiche weitere SpitzenpolitikerInnen waren dabei. Außerdem reisten mehr als 150 KameradInnen aus ganz Deutschland ebenso wie weitere rund 100 Ehrengäste an. Unter ihnen Johannes Tuchel, der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, wo sich Archiv und Ausstellung des Reichsbanners befinden. Er erklärte: »Wie viel einfacher ist es heute, sich in der Demokratie zu engagieren. Wenn es etwas gibt, das wir vom historischen Reichsbanner lernen können, dann dass demokratisches Engagement möglich ist.«

Nahezu die Hälfte der etwa 800 Mitglieder der Organisation ist heute unter 40 Jahre alt. Im Foyer des Landtages wurde die Ausstellung »Für Freiheit und Republik! Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold im Kampf für die Demokratie 1924–1933« gezeigt. Sie umfasst 27 Tafeln und zeichnet auch anhand von Einzelschicksalen den Kampf von Kameraden des Reichsbanners für die demokratische Republik nach.

Festakt mit klaren Worten

Höhepunkt des Tagesprogramms war der Festakt im Plenarsaal des Landtages. Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) wies in seinem Grußwort darauf hin, dass der Kampf um die Verteidigung der Demokratie auch heute wieder sehr aktuell ist: »Die Republik und die Demokratie verteidigen ist der Geist, den das Reichsbanner vor genau 100 Jahren ins Leben rief. Vor einigen Jahren haben wir alle geglaubt, unsere Demokratie ist gefestigt und nichts kann sie ins Wanken bringen. Diese Zeiten sind vorbei. (…) Auch nach 100 Jahren braucht es aufrechte Demokraten, die bereit sind, die Demokratie und Einigkeit, das Recht und die Freiheit zu verteidigen.«

64 Reichsbanner-Leute seien noch vor dem Verbot des Verbands ermordet worden, auch deren Kampf und das Opfer dieser Menschen werde bei der Festveranstaltung gewürdigt, erinnerte Fritz Felgentreu, der Vorsitzende des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e. V., und betonte weiter: »Die Werte des Reichsbanners müssen uns heute genauso wichtig sein wie der Weltkriegsgeneration vor hundert Jahren.« Das sichtbare Symbol dieser Werte seien die Farben Schwarz, Rot und Gold (in Abgrenzung zu Schwarz-Weiß-Rot, den Farben der Monarchisten und der Hakenkreuzfahne, Anm. des Autors). Das Reichsbanner hatte unter diesen Farben dem aggressiven Nationalismus, dem Antisemitismus und der Unterdrückung von Minderheiten den Kampf angesagt. Den Rechtsnationalen von heute rief er zu: »Lassen Sie Ihre Finger von den Farben der Freiheit! (…) Die Republik, sie lebe hoch! Freiheit!«

Web-Tipp:

www.reichsbanner.de

Der Verfasser ist Vorsitzender des Bundes Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver -AntifaschistInnen und hat in dieser Funktion an dem Festakt zum 100-jährigen Jubiläum teilgenommen.