Unbekannter Massenmord

geschrieben von Gerald Netzl

11. Januar 2024

Das Massaker von Korjukiwka 1943

Selbst Menschen mit viel Wissen über die Naziverbrechen sagt Korjukiwka kaum etwas. Vor 80 Jahren fand in der Ukraine die größte »Strafaktion« gegen die nicht-jüdische Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg in ganz Europa statt. 6.700 Zivilistinnen und Zivilisten wurden ermordet. Täter waren SS- und ungarische Armeeangehörige sowie einheimische »Hilfspolizisten«. Unbekannter Massenmord weiterlesen »

Auf den Spuren

geschrieben von Peter Nowak und Felix Schlosser

11. Januar 2024

An Antifaschisten in der Nachbarschaft erinnern: Paul Schiller und Bruno Schilter

»Wem gehört der Laskerkiez« (WgdL) und »Wir bleiben alle Friedrichshain« (WbaF) sind zwei lokale Gruppen, die im Berliner Bezirk Friedrichshain Kiezarbeit gegen Gentrifizierung, Verdrängung und steigende Mieten organisieren. Darüber hinaus setzen sie sich auch mit der Vergangenheit ihrer Nachbarschaft auseinander und organisieren Aktionen im Gedenken an Widerstandskämpfer*innen. Diese Gedenkarbeit soll hier an zwei Beispielen vorgestellt werden. Es handelt sich um Paul Schiller und Bruno Schilter, die Widerstand gegen den deutschen Faschismus leisteten und dabei mit ihrem Leben bezahlten.

Im Sommer letzten Jahres hielten WgdL und WbaF gemeinsam mit Mitgliedern der VVN-BdA eine Kundgebung in Erinnerung an Paul Schiller ab – einem Antifaschisten, der im Jahr 1945 mit der »Kampfgruppe Osthafen« in der Gegend aktiv war. Von ihrem Stützpunkt in der Stralauer Allee 26 (Schillers ehemalige Wohnadresse) aus entwaffneten sie fanatische Nazis und überredeten deutsche Soldaten und Flakhelfer dazu, die Waffen niederzulegen. Sie sprengten Munitionslager und verhinderten im letzten Augenblick die Zerstörung der großen Lebensmittelmagazine am Osthafen. Dies alles gelang ihnen nur dadurch, dass sie über Uniformen von (hochrangigen) Nazifunktionären verfügten, mit denen sie sich unauffällig unter diesen bewegen und teils sogar Anweisungen geben konnten. Auf den Spuren weiterlesen »

Seit Jahrzehnten stolpern

geschrieben von Gudrun Dorothee Greth

11. Januar 2024

Stolpersteine: Lernen aus der Vergangenheit in der Gegenwart und für die Zukunft

Das »Nie wieder!« Wirklichkeit werden zu lassen, ist das grundlegende Ziel der Erinnerungs- und Gedenkarbeit. Das Lernen aus der Vergangenheit kann nur im Hier und Jetzt geschehen, und es ist ausgerichtet auf die Zukunft. Die Erinnerungs- und Gedenkkultur der Stolpersteine nimmt eine wichtige antifaschistische Aufgabe wahr: Im öffentlichen Raum erinnern tagtäglich die Namen von Menschen, die von 1933 bis 1945 im NS-Staat entrechtet, verfolgt, ermordet oder zum Suizid getrieben wurden, an deren Schicksal und zugleich an die unmenschlichen Taten der deutschen Faschisten.

Menschen ihre Sichtbarkeit an ihrem letzten frei gewählten Wohnort zurückzugeben, bedeutet, sie und ihre Geschichte wieder in die Gemeinschaft zu holen, mahnend zu erinnern und sich darüber auszutauschen, wie wir leben wollen. Die Sozialisten, Sozialdemokraten und Kommunisten, die lange vor 1933 gewarnt hatten, dass Hitler Krieg bedeutet, und die Wege in antikapitalistische Perspektiven aufzeigten, waren die ersten, die verfolgt, eingesperrt, gequält und ermordet wurden. Erst durch die Inhaftierung ihrer politischen Gegner und die Zerschlagung der antifaschistischen Parteien, bevor noch ein breites Bündnis geschmiedet wurde, ermöglichte den Faschisten ihr Mordwerk. Seit Jahrzehnten stolpern weiterlesen »

Relativ zur eigenen Schwäche

geschrieben von Bloque Latinoamericano Berlin

11. Januar 2024

Was bedeutet Javier Milei für Argentinien und die gesamte Region

Der Sieg von Javier Milei bei der Präsidentschaftswahl in Argentinien verändert zweifellos die nationale und regionale politische Landschaft. Die früheren Niederlagen von Kast in Chile und Bolsonaro in Brasilien sowie die Siege von Petro und Obrador in Kolumbien bzw. Mexiko signalisierten auf kontinentaler Ebene die Ablehnung liberal-autoritärer Regierungsformen. Die argentinischen Wahlen und der Sieg von Noboa in Ecuador haben jedoch das Wachstum der verrücktesten und extremsten Aspekte der rechten Kräfte des Kontinents reaktiviert. Dies wirkt sich auf Lateinamerika aus und gibt auch Trumps Ambitionen auf das Präsidentenamt in den USA Rückhalt.

Die Arbeitnehmer und die Mittelschicht sehen sich mit Eliten konfrontiert, die am Rande des traditionellen Establishments stehen: Youtuber, Moderatoren, Wirtschaftsberater, Anhänger des Militärs und andere zweifelhafte Figuren der globalen herrschenden Klasse. Sie sind das Produkt eines weltweiten gesellschaftlichen Verfalls. Sie stellen sich selbst als »Randfiguren« dar – sie ähneln also nicht dem klassischen Juristenpolitiker, der in konventionellen Bahnen denkt und spricht. Sie können daher die Grenzen des Sagbaren überschreiten. Sie geben sich selbst ein Image als »Außenseiter«, um eine »Gemeinsamkeit« mit den wirklich Ausgegrenzten darzustellen, die täglich Politikern zuhören, die aber keine Lösungen für ihre wirklichen Probleme anbieten. Der kulturelle Kampf um die Konstruktion von »nacional y popular«-Identitäten fällt in sich zusammen, wenn man seine Stromrechnung oder die Miete nicht bezahlen kann. (nacional y popular bezieht sich auf die politische Linie der kirchneristischen Regierung, die den Fokus nur auf die kulturelle und hegemoniale Ebene legte, um gegen die rechten Parteien zu kämpfen). Relativ zur eigenen Schwäche weiterlesen »

Faschistische Wandertrupps

geschrieben von Florian Gutsche

11. Januar 2024

Budapest im Februar: Antifas wollen traditionelles NS-»Heldengedenken« stoppen

Am 10. Februar 2024 wollen Neonazis aus aller Welt wieder einmal in Ungarns Hauptstadt Budapest ihr die Naziherrschaft verherrlichendes »Heldengedenken« durchführen. Im Februar 1945 befahl SS-General Karl Pfeffer-Wildenbruch seiner Gefolgschaft, aus der belagerten Stadt auszubrechen – ein naiver Versuch, nur wenige Soldaten überlebten die anschließenden Kämpfe. Was die extrem rechte Szene nicht davon abhält, den faschistischen General und seine Ergebenen mit ihren jährlichen Aufmärschen zu verehren. Faschistische Wandertrupps weiterlesen »

Mit Hasspolitik Faschisten kultivieren

geschrieben von Gerrit Hoekman

11. Januar 2024

Der Rassist Geert Wilders hat die Parlamentswahlen in den Niederlanden gewonnen

Bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden am 22. November 2023 wurde die Partij voor de Vrijheid (Partei für die Freiheit, PVV) des rechten Politikers und Islamhassers Geert Wilders mit Abstand stärkste Kraft. Sie konnte die Anzahl ihrer Sitze fast verdoppeln. Ganz unerwartet kam der Erfolg nicht, nur die Höhe des Sieges war überraschend. Der Rechtspopulist profitierte davon, dass die Asylpolitik ein zentrales Thema im Wahlkampf war. Ein Feld, das Wilders schon seit mehr als einem Jahrzehnt intensiv beackert.

»In Westeuropa sieht man, dass die etablierten konservativen Parteien nervös werden, weil sie Wähler an die extreme Rechte verlieren. Sie übernehmen also einen Teil der Hasspolitik (…) und kultivieren faschistische Parteien noch mehr«, analysierte die friesische Abteilung der Anti-Fascistische Aktie (Antifaschistische Aktion, AFA) auf ihrer Homepage das Erstarken der neuen Rechten. Extrem rechte Parteien wie die PVV und das sogar noch weiter rechts stehende Forum voor Democratie (FvD) hätten »heute viel mehr Spielraum, mit Versprechungen und Hasserzählungen, Erwartungen zu wecken, weil viele Menschen in Unsicherheit eine neue Führung wollen«, so die AFA. Mit Hasspolitik Faschisten kultivieren weiterlesen »

Suche an Elbe und Moldau

geschrieben von Uwe-Jens Kluge

11. Januar 2024

Bericht einer antifaschistischen Fahrradbildungsreise von Dresden nach Prag

Im Frühherbst 2023 machte sich eine 15köpfige Gruppe interessierter Menschen mit Fahrrädern auf den Weg von Dresden nach Prag, um Spuren des historischen Faschismus und des antifaschistischen Widerstandes entlang der Flüsse Elbe und Moldau zu erkunden. Veranstalter des einwöchigen Bildungsurlaubsangebotes war »Arbeit und Leben Herford e. V.«, ein dem DGB nahestehender Verein, dessen Schwerpunkt seit vielen Jahren in den Bereichen der Demokratieförderung, des Antirassismus und der Stärkung des Antifaschismus liegt. Im Vordergrund der Reise, die von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Prag, der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) Prag, dem Alternativen Kultur- und Bildungszentrum (AKuBiZ) Pirna sowie einem antifaschistischen Kameraden aus Dresden tatkräftig unterstützt wurde, standen unter anderem Besuche von nationalen Gedenkstätten in Pirna-Sonnenstein, Theresienstadt (Terezín) und Lidice. Die Teilnehmer*innen kamen aus den Bundesländern Berlin, Hessen und NRW. Der größte Teil arbeitet im Öffentlichen Dienst bzw. im kirchlichen Dienst des Gesundheitswesens. Suche an Elbe und Moldau weiterlesen »

Diskriminierung zementiert

geschrieben von Axel Holz

11. Januar 2024

Buch zum Völkermord an den Sinti und Roma und dem langen Weg der Anerkennung 1949–1990

Charlie Chaplin und Marianne Rosenberg – sie waren Stars beim Film beziehungsweise in der Schlagerwelt. Über ihre Herkunft haben sie aber während ihrer Karriere nicht öffentlich gesprochen. Aus gutem Grund, denn die Vorurteile gegenüber Sinti und Roma sind nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Deutschland nicht geringer geworden, sondern über Jahrzehnte erhalten worden. Sie reichen bis in die Neuzeit.

Dennoch hat sich etwas geändert. Das betrifft auch ein lange verschwiegenes Verbrechen – den Völkermord an den Sinti und Roma durch die Nazis mit dem rassistisch motivierten Ziel ihrer Auslöschung als ethnische Gruppe. Das Buch von Sebastian Lotto-Kusche »Der Völkermord an den Sinti und Roma und die Bundesrepublik« zeichnet den langen Weg zur Anerkennung als Naziopfer von 1949 bis 1990 nach. Das Buch schließt eine wichtige Lücke in der Opferforschung im Umgang mit einer lange vernachlässigten Opfergruppe der Nazis. Es erklärt den Paradigmenwechsel bei der Betrachtung der »NS-Zigeunerverfolgung«, wie sie lange hieß, von einem kriminalpräventiven hin zu einem genozidkritischen Denkstil. Diskriminierung zementiert weiterlesen »

Deepfakes mit Scholz

geschrieben von Janka Kluge

11. Januar 2024

Aktion des Zentrums für politische Schönheit zum AfD-Verbot

Die Forderung nach einem Verbot der AfD wird aktuell verschiedentlich diskutiert (siehe Seiten 8 und 9). Das »Zentrum für politische Schönheit« hat jüngst in einer Mischung aus Kunstform und Aufklärung die Forderung aufgegriffen.

Die Aktion wurde Ende November mit einem Paukenschlag eingeläutet: In einem durch Künstliche Intelligenz erstellten umfangreich verbreiteten Video-clip wurde Olaf Scholz mit einer »Rede zur Nation« zum AfD-Verbot gezeigt. In dem Deepfake-Clip kündigt Scholz vermeintlich an, zum fünften Jahrestag der Ermordung von Walter Lübcke am 2. Juni 2024 den Antrag zum Verbot der AfD stellen zu wollen. Zusätzlich gab es gegenüber vom Kanzleramt eine Installation mit Plakaten, auf denen führende AfD-Mitglieder hinter Gefängnisgittern gezeigt wurden. Deepfakes mit Scholz weiterlesen »

Vergessene Widerstandskämpferin

geschrieben von Hans-Willi Ohl

11. Januar 2024

Die Frauenrechtlerin Käthe Kern und der 20. Juli 1944

Schon in seiner letzten Publikation »Die Konspirateure« (2019) beschäftigte sich der Darmstädter Journalist und Autor Ludger Fittkau mit dem Thema des 20. Juli. Zusammen mit Marie-Christine Werner analysierte er die Strukturen des zivilen Widerstands hinter dem Attentat auf Hitler. In dieser Gruppe befand sich – jahrelang von der Geschichtswissenschaft geleugnet oder übersehen – eine ganze Reihe von Frauen unterschiedlicher politischer Couleur. Vergessene Widerstandskämpferin weiterlesen »

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