Kein CSD ohne Antifa!

14. September 2023

Erneuter Anstieg von Angriffen auf queere Menschen. Ein Gespräch mit Kathrin Vogler

antifa: Laut Angaben des Bundesinnenministeriums sind die Zahlen der Angriffe auf queere Menschen im Jahr 2022 weiter angestiegen. Die BMI-Statistik zählt dazu Straftaten wegen der sexuellen Orientierung und Taten gegen geschlechtsbezogene Diversität. Was ist darunter zu verstehen?

Kathrin Vogler: Die offiziellen Zahlen queerfeindlicher Gewalt steigen von Jahr zu Jahr und stellen dennoch nur die Spitze des Eisbergs dar. Queere Menschen – vor allem Schwule, Lesben, trans*, inter* und nichtbinäre Personen – sind häufig Anfeindungen und Gewalt ausgesetzt. Dennoch werden viele Angriffe nicht gemeldet, weil die Opfer gute Gründe haben, der Polizei nicht zu vertrauen. Und wenn sie es tun, ist die Gefahr relativ hoch, dass die queerfeindlichen Motive in der offiziellen Statis-tik nicht berücksichtigt werden. Dunkelfeldstudien, bei denen queere Menschen nach ihren Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen befragt werden, ergeben regelmäßig Zahlen, nach denen nicht einmal zehn Prozent der potenziell strafbaren Angriffe zur Anzeige gebracht werden. Selbst offensichtlich homo- oder transfeindliche Gewalttaten gehen häufig nicht in die Statistik als solche ein, so berichtete der LSVD (Lesben- und Schwulenverband Deutschland) sogar von drei schwulenfeindlichen Morden im Jahr 2020, die nicht als solche aufgeführt wurden. Die steigenden Zahlen in der Polizeistatistik könnten allerdings auch ein gutes Zeichen sein. Sie könnten darauf hinweisen, dass sich mehr Betroffene als früher trauen, Straftaten anzuzeigen und dass die Polizeibehörden damit langsam anders umgehen. Kein CSD ohne Antifa! weiterlesen »

Weiterhin Spitzenreiter

geschrieben von Martina Renner

14. September 2023

»Rechtsrockland« Thüringen: Neonaziszene erholt sich von Flaute bei Pandemie

Als »Rechtsrockland« bezeichnete das ARD-Fernsehen das Bundesland Thüringen in seiner gleichnamigen Dokumentation schon im Jahr 2018. Es waren die Jahre großer Neonazifestivals unter dem Schutz des Versammlungsrechts im Freistaat, wie 2017 im kleinen Südthüringer Ort Themar, wo etwa 6.000 Neonazis anreisten und spät abends lautstark »Sieg Heil« skandierten. Auch die zweitägigen »Schild und Schwert«-Festivals im sächsischen Ostritz wurden von einem Thüringer Neonazi organisiert. Die Mischung aus Rechtsrock, Tattoowettbewerben und Kampfsport lockte rund 1.300 Neonazis an.

2018 zählte die Mobile Beratung (mobit) 72 Rechtsrockveranstaltungen in Thüringen und damit die meisten seit Beginn des Monitorings: Pro Woche fand im Freistaat im Schnitt mindestens eine dieser Veranstaltungen statt. Auch bundesweit war Thüringen bei Neonazikonzerten jahrelang im Pro-Kopf-Vergleich ein Spitzenreiter. Doch die Pandemie mit den einhergehenden Einschränkungen machte den florierenden Unternehmen und ihren Organisator*innen einen Strich durch die Rechnung, auch die eilig eingerichteten gestreamten »Onlinekonzerte« fruchteten nicht. Weiterhin Spitzenreiter weiterlesen »

Zweierlei Maß

14. September 2023

Hubert Aiwanger aus Bayern wegen eines Naziflugblatts unter Druck

Kurz vor der Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung einen Artikel über ein widerliches, den deutschen Faschismus und die Schoah verherrlichendes Flugblatt. Dieses war im Jahr 1987 dem heutigen stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) abgenommen worden. Davor waren Exemplare des Flugblatts auf der Toilette der Schule gefunden worden.

Darin werden unter der Überschrift »Wer ist der größte Landesverräter?« verschiedene »Preise« genannt. Die »Gewinner« sollen beispielsweise einen »Freiflug durch den Schornstein von Auschwitz« erhalten. Auschwitz wird zynischerweise auch als »Freizeitpark« bezeichnet. Außerdem werden Mord durch »Genickschuß«, ein »lebenslanger Aufenthalt in einem Massengrab« sowie eine Nacht im Gestapokeller und die anschließende Unterbringung im KZ Dachau angedroht. Zweierlei Maß weiterlesen »

54 Regale, tausende Bücher

geschrieben von Team des Hartmut-Meyer-Archivs

14. September 2023

Köln: Hartmut-Meyer-Archiv nach langem Umzug wieder am Start

Die Bestände des Hartmut-Meyer-Archivs gehen bis in die 1950er-Jahre zurück. Gesammelt und ausgewertet werden Flugblätter, Zeitungen und Zeitschriften neofaschistischer und anderer extrem rechter Gruppierungen, Organisationen, Parteien und Verlage sowie Bücher aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus findet man eine Auswahl von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern aus der NS-Zeit. Genutzt wird das Archiv auf vielfältige Weise: Für die Recherche nach einschlägig rechten Organisationen und Personen mit Lokal- oder Regionalbezug, für Berichterstattungen in den Medien, für die Erstellung von Flugblättern, Broschüren und Büchern, für Arbeiten im wissenschaftlichen Bereich wie auch für die Suche nach Quellen im Rahmen von juristischen Auseinandersetzungen. 54 Regale, tausende Bücher weiterlesen »

»Querfront« in der Weimarer Republik?

geschrieben von Bernd Kant

14. September 2023

Leserbrief zu antifa Juli/August 2023, Seite 17, »Als es keine Brandmauer gab«

Im »Spezial« wurde mit Blick auf die Weimarer Republik darüber nachgedacht, ob es damals nicht – aus heutiger Perspektive – problematische Querfronten der Arbeiterparteien gegenüber der NSDAP gegeben habe und welche Lehren wir für heute daraus ziehen müssten. So verdienstvoll ein historischer Rückblick in dieser Hinsicht ist, so bleibt er jedoch lückenhaft, wenn der einzige tatsächliche Querfrontansatz, bei dem es um die Stabilisierung der Macht der Herrschenden ging, aus der Betrachtung gerät. »Querfront« in der Weimarer Republik? weiterlesen »

Große Staatsnähe

geschrieben von Brigitte Müller

14. September 2023

Leserbrief zu antifa Juli/August 2023, Seite 33, Demokratische Militarisierung?

Aus unserer Sicht erscheint mir Eure Kritik an arte durchaus berechtigt, doch hat dieser Kanal auch eine französische Seite, die näher beleuchtet werden sollte:

arte existiert auf der Grundlage eines Staatsvertrages zwischen Deutschland und Frankreich. Dabei werden zwei verschiedene Formen der nicht-privaten Medien kombiniert: In Deutschland haben wir die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten nach dem Muster der BBC. In Frankreich hingegen gibt es nur private und staatliche Medien, wobei die französischen TV-Kanäle von France Télévisions, einer Aktiengesellschaft zu 100 Prozent im Staatsbesitz, verwaltet werden. In Frankreich sind die staatlichen TV-Kanäle nationalistisch, grottenschlecht, in meinem Augen zynisch, gar pervers. Das liegt einerseits an deren zu großer Staatsnähe, aber auch an der Definition von Pressefreiheit in Frankreich. Auf Wikipedia »Pressefreiheit« heißt es im Absatz »Frankreich«: Große Staatsnähe weiterlesen »

Das ist, was digitaler Antifaschismus in der Zukunft leisten muss

14. September 2023

Rechte Medienprojekte und digitale Mobilisierungen: Und was hat das alles mit Algorithmen zu tun?

Ein Gespräch mit Maik Fielitz

antifa: Du forschst unter anderem zu sozialen Medien und digitalen Kulturen, analysierst teilweise sechsstellige Zahlen an Beiträgen auf Social Media. Welche Erkenntnisse lassen sich daraus bezogen auf rechte Einstellungen und Mobilisierungen gewinnen?

Maik Fielitz: Wir untersuchen extrem rechte, verschwörungsideologische und andere demokratie-feindliche Akteur:innen im weitesten Sinne, insbesondere in ihrem Kommunikationsverhalten. Das heißt, wir machen keine Einstellungsforschung, aber man kann aus dem digitalen Kommunika-tionsverhalten den Rückschluss ziehen, dass sich extrem rechte Einstellungen nicht nur in der uns bekannten klassischen Form äußern, sondern sich über digitale Formate sehr unterschiedlich darstellen. Es gibt eine sehr starke Verschmelzung von extrem rechten Ideologien und digitalen Subkulturen, die auch neue Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit mitbringen, also die kategorische Abwertung anderer Gruppen. Das ist, was digitaler Antifaschismus in der Zukunft leisten muss weiterlesen »

Neues rechtes Hetzmedium: Nius

geschrieben von Andreas Siegmund-Schultze

14. September 2023

Als »die Stimme der Mehrheit« verkauft sich das Onlinemedienprojekt Nius, das Anfang Juli an den Start ging. Vorwiegend wird rechtspopulistisch beispielsweise gegen »Gendersprache«, Grüne, Geflüchtete, trans Menschen oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewettert. Auch wer den Klimawandel für eine Propagandalüge hält und den »starken Staat« herbeisehnt, ist bei Nius unter Gleichgesinnten.

Aushängeschild des Medienportals ist Julian Reichelt, der als früherer Bild-Chefredakteur im Herbst 2021 seinen Job bei Springer irgendwann loswurde, nachdem dort ebenfalls beschäftigte Journalistinnen ihre Erfahrungen mit ihm publik gemacht hatten – die Rede war von Machtmissbrauch, sexualisierten Übergriffen und sexistischen Belästigungen. Reichelts Firma Rome Medien GmbH produziert Nius neben allerhand ähnlichen Formaten. Neues rechtes Hetzmedium: Nius weiterlesen »

Mit großer Offenheit

geschrieben von Matthias Behring

14. September 2023

Stand stets mit Rat und Tat zur Seite: Marianne Wilke ist tot

Die Zeitzeugenberichte von Verfolgten und WiderstandskämpferInnen waren und sind von unschätzbarem Wert für nachfolgende Generationen. Im Nachkriegsdeutschland wurden »Lehren aus der Vergangenheit … ganz bewusst nicht gezogen«. »Das dürfen wir nicht zulassen«, sagte Fritz Bringmann, ehemaliger Landesgeschäftsführer der VVN-BdA in Schleswig-Holstein. So war Marianne Wilke bis zu ihrem Lebensende mit unermüdlichem Engagement als Zeitzeugin tätig. Sie stellte sich jeder Frage und sei sie auch noch so persönlich, beantwortete sie verständnisvoll und mit großer Offenheit. Mit großer Offenheit weiterlesen »

Im Alltag präsent

geschrieben von Ulrich Schneider

14. September 2023

Die internationalistische Chile-Solidaritätsbewegung vor 50 Jahren

Die Zeile »El Pueblo Unido Jamás Será Vencido« (ein geeintes Volk wird niemals besiegt werden) des gleichnamigen populären Songs der chilenischen Gruppe Quilapayún war vor 50 Jahren vielfach zu hören. Linke unterschiedlicher Couleur verfolgten das Wirken der sozialistischen Regierung der Unidad Popular in Chile unter Präsident Salvador Allende mit großer Aufmerksamkeit und Begeisterung. Als mit dem CIA-gesteuerten Militärputsch unter General Augusto Pinochet am 11. September 1973 eine faschistische Militärherrschaft errichtet wurde, war das Entsetzen auch in Europa groß. Wie in der damaligen Zeit üblich, gab es in der BRD natürlich Debatten, ob die Allende-Regierung nicht selbst Fehler gemacht habe, warum sie die Bevölkerung zum Schutz der revolutionären Entwicklung nicht bewaffnet und die reaktionären Militärs nicht entmachtet habe. Dabei waren diese Debatten nicht nur mit den Ereignissen in Chile selbst, sondern auch mit der eigenen Vorstellung von der Möglichkeit gesellschaftlicher Veränderung in Europa verbunden. Kann es einen nicht-revolutionären Weg zum Sozialismus geben? Im Alltag präsent weiterlesen »

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