Antifaschist und Wirtschaftslenker

geschrieben von Regina Girod

5. November 2023

Erster Vorsitzender der gesamtdeutschen VVN-BdA: Erinnerung an Fred Dellheim, der vor 20 Jahren starb

Vor 20 Jahren, am 9. Oktober 2003, starb in Berlin der erste Vorsitzende der gesamtdeutschen VVN-BdA, Fred Dellheim. Er hat die Phase der Gründung und Konsolidierung antifaschistischer Organisationen auf dem ehemaligen Gebiet der DDR und den Prozess ihrer Vereinigung mit der westdeutschen VVN-BdA wesentlich mitgeprägt. Dass diese Vereinigung erst zwölf Jahre nach dem Beitritt der DDR zur BRD erfolgte, erwies sich später als großer Vorteil. In einem langen, manchmal schwierigen Prozess hatten beide Seiten vorher ausführlich über Unterschiede und Gemeinsamkeiten ihrer politischen Sozialisation und ihre Vorstellungen von der künftigen Organisation diskutiert. Dieser Annäherungsprozess wurde auf der Seite der Ostverbände von Fred Dellheim und von der VVN-BdA West von ihrem Bundessprecher P. C. Walther geleitet. Dass Fred Dellheim auf dem Vereinigungskongress 2002 gemeinsam mit Cornelia Kerth aus Hamburg zu einem der beiden Vorsitzenden der gesamtdeutschen VVN-BdA gewählt wurde, entsprach seiner Stellung im jahrelangen Ringen um die Neuformierung der ältesten und größten antifaschistischen Organisation in der Bundesrepublik. Nur wenige Monate nach seiner Wahl erkrankte Fred schwer. Eine noch zu schreibende Geschichte der VVN-BdA nach 1990 würde das Wissen über sein Wirken, wie das vieler Kameradinnen und Kameraden aus den Gründungsjahren, für nachfolgende Generationen erhalten. Die Akten über diese Zeit werden im Bundesarchiv der VVN-BdA aufbewahrt. Antifaschist und Wirtschaftslenker weiterlesen »

Vergessenes Kapitel

geschrieben von Ulrich Schneider

5. November 2023

Bündnispolitik: Die »Internationale Antifaschisten-Liga«

Die Etablierung der faschistischen Herrschaft in Italien, das monarcho-faschistische Regime in Bulgarien und das zunehmend gewalttätige Agieren faschistischer Verbände und Kräfte in mehreren europäischen Ländern beschäftigte seit 1922 die Kommunistische Internationale (KI). In einem Referat beschrieb Clara Zetkin im Juni 1923 den Faschismus als eine Bewegung von Hungrigen, Notleidenden, Existenzlosen und Enttäuschten. Ihrem politischen Charakter nach sei diese Bewegung jedoch »der stärks-te, der konzentrierteste, er ist der klassische Ausdruck der Generaloffensive der Weltbourgeoisie in diesem Augenblick. Ihn niederzuringen ist eine elementare Notwendigkeit. (…) Mit aller Klarheit und Kraft müssen wir verhindern, dass sie (die Faschisten, U. Sch.) Mannschaften stellen für die Gegenrevolution der Bourgeoisie. Soweit wir jene Schichten nicht für unsere Partei, unsere Ideale gewinnen, nicht in Reih und Glied der revolutionären proletarischen Kampfheere ziehen können, muss es uns gelingen, sie zu neutralisieren (…). Sie dürfen uns nicht mehr als Landsknechte der Bourgeoisie gefährlich werden.« Vergessenes Kapitel weiterlesen »

Forderung nach Erziehung

geschrieben von Bernd Kant

5. November 2023

Vor 60 Jahren begann in Frankfurt am Main der Auschwitzprozess

Als am 20. Dezember 1963 im Plenarsaal des Frankfurter Römers der »Auschwitzprozess« »Gegen Mulka und andere« mit dem Aktenzeichen 4 Ks 2/63 gegen 22 Angeklagte eröffnet wurde, war es ein Wendepunkt in der juristischen Aufarbeitung faschistischer Verbrechen. Zuvor dominierte in der BRD-Gesellschaft im Kalten Krieg und mit dem »Wirtschaftswunder« eine Tendenz, die faschistischen Verbrechen zu verdrängen, zu ignorieren oder einfach zu beschweigen. Die Masse der »Mitläufer« und auch die Täter und politisch Verantwortlichen hatten wieder ihre einflussreichen Positionen in der BRD-Nachkriegsgesellschaft gefunden. Gegen dieses »Nichts mehr wissen wollen« kämpften die Überlebenden der NS-Verfolgung. In der VVN gab seit den 1950er Jahren eine Rechercheabteilung, die Materialien und Zeugenaussagen über faschistische Verbrechen sammelte. Auch international wurden solche Dokumente gesammelt, um Prozesse gegen Naziverbrecher auf den Weg bringen zu können. Im damaligen hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer hatten die Antifaschisten einen »Verbündeten«, der – als er von Überlebenden Dokumente aus dem Auschwitzkommandanturbereich erhielt – beim Bundesgerichtshof (BGH) für das Landgericht Frankfurt am Main die Zuständigkeit für alle Verfahren im Zusammenhang mit den Massenverbrechen in Auschwitz beantragte. Dies wurde im April 1959 durch den BGH bestätigt. Forderung nach Erziehung weiterlesen »

Komplizenschaft von unten

5. November 2023

Vertreter von Chiles Modatima-Bewegung reisen durch die BRD. Ein Gespräch

antifa: Ihr habt euch an der Ausarbeitung der neuen Verfassung maßgeblich beteiligt. Unter anderem die Privatisierung des Wassers sollte beendet werden. Dazu ist es nicht gekommen. Wie hart trifft euch die Niederlage?

Victor Bahamonde: Der verfassunggebende Prozess, der 2020 eingeleitet wurde, war ein Kompromiss, um eine Staatskrise abzuwenden. Doch die Energie der sozialen Bewegungen in der Stadt und auf dem Land, die uns erst dahin gebracht hat, ist durch die Ablehnung der Verfassungsreform nicht verpufft. Wir arbeiten zusammen mit vielen anderen daran, das Land weiter zu demokratisieren. In Chile herrscht eine absonderliche Demokratie der wenigen, während für den Großteil der Bevölkerung weiterhin die Diktatur das Leben bestimmt. Der Zugang zu natürlichen Ressourcen wie Wasser und Land, aber auch generell zu den Gemeingütern, ist unglaublich beschränkt. Aktuell kämpfen wir um ein Wassergesetz. Aber es ging ja nie nur um das Wasser. Das Wasser ist vielmehr ein Synonym für die Ausplünderung des Landes und die Unterdrückung der Landbevölkerung. Die Wasserknappheit führt zu ständiger Vertreibung und Leid. Das ist ein starkes Mobilisierungsthema in den Gemeinden, weil die Industrie, der Immobiliensektor, die Land- und Forstwirtschaft und vor allem der Bergbau sehr viel Wasser verbrauchen, während die Kleinbauern darben. Unsere Analyse der Niederlage beim Referendum ist vielfältig. Unsere Strategie wird sich aber nicht ändern: Wir sammeln Informationen zur Plünderung und Vertreibung, machen diese Vorfälle bekannt, flankieren mit Bildungsangeboten, und das schafft die Grundlage für eine Basisorganisierung und Massenmobilisierung. Diese Mobilisierungen haben meist regionale Schwerpunkte, aber können auch landesweit Druck entfalten. Eine Voraussetzung für den Erfolg unserer Bewegung ist unsere Vielstimmigkeit und die ständige Verhandlung der zentralen Fragen: in welchem Land wir leben wollen und auf wessen Kosten gewirtschaftet wird. Komplizenschaft von unten weiterlesen »

Hindernis für den Frieden?

geschrieben von Wanja Musta

5. November 2023

30 Jahre PKK-Betätigungsverbot in Deutschland

Die PKK wurde 1978 in den nordkurdischen Gebieten auf dem Staatsgebiet der Türkei als Reaktion auf die Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung und ihrer Identität sowie auf die Vertreibung der Kurd:innen in der Türkei und anderen Siedlungsgebieten gegründet. Diese Gebiete erstrecken sich seit dem Ende des Ersten Weltkrieges über Teile des Staatsgebietes Iraks, Irans und Syriens sowie der Türkei. Hindernis für den Frieden? weiterlesen »

Rätselraten in Polen

geschrieben von Karl Forster

5. November 2023

Kommt es zum Regierungswechsel in Warschau? Zur Wahlniederlage der PiS

Zwei Legislaturperioden hat die nationalkonservative PiS (Prawo i Sprawiedliwość, deutsch: Recht und Gerechtigkeit) Polen regiert. Und das mit absoluter Mehrheit. Das hatte ihr erlaubt, das politische System nachhaltig zu verändern, vor allem wurde die Gewaltenteilung eingeschränkt. Die Einführung einer Disziplinarkammer erlaubte es, unliebsame Richter aus der Justiz zu entfernen. Gleichzeitig wurden höchste Richterposten mit Parteivertretern bestückt. Nächster Schritt war die Einhegung der Medien: Beim vorher öffentlich-rechtlichen Rundfunk hatte nun der Staat das Sagen. Intendanten und Chefredakteure wurden vom Finanzminister ernannt. Die einst teilweise in Händen von deutschen Konzernen befindlichen Regionalzeitungen wurden unter Druck von Staatsbetrieben übernommen. Den größten Protest in der polnischen Bevölkerung erzeugte jedoch die faktische Abschaffung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch. Dabei war die PiS ursprünglich aus Protest gegen die extrem wirtschaftsliberale Politik der von Donald Tusk geführten Regierung gewählt worden. Sie trat an, um soziale Härten abzufedern, und führte eine Reihe von neuen Sozialleistungen ein. Rätselraten in Polen weiterlesen »

Ein deutscher Kommunist

geschrieben von Sebastian Schröder

5. November 2023

Ilko-Sascha Kowalczuk hat den ersten Teil einer monumentalen Biografie zu Walter Ulbrich vorgelegt

Genau fünfzig Jahre nach dem Tod von Walter Ulbricht hat der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk den ersten Teil seiner monumentalen Ulbricht-Bio-grafie vorgelegt, versehen mit dem suggestiven Untertitel »Der deutsche Kommunist«. Kowalczuk schildert die Stationen des Lebens von Deutschlands bekanntestem und umstrittenstem linken Politiker, neben Erich Honecker, beginnend mit Elternhaus und Geburt bis zum 1. Mai 1945. Ein deutscher Kommunist weiterlesen »

Zu einseitig präsentiert

geschrieben von Ellen Händler

5. November 2023

Eine Ausstellung in Berlin zu jüdischem Leben in der DDR

Die Ausstellung habe ich mit Sehnsucht erwartet und war gleichzeitig in großer Sorge, wie man dieses schwierige Thema unserer Geschichte – die bewusste Entscheidung der überlebenden Jüdinnen und Juden, ein anderes antifaschistisches Deutschland aufzubauen – bewältigt. Die Chance, die Vielfalt und Widersprüchlichkeit, eben das »andere Jüdische« zu zeigen, wurde leider vertan.

Die Ausstellung ist aus der Sicht Westdeutscher unter dem Blick des Scheiterns der DDR, des Widerstandes oder der Schwierigkeiten des jüdischen Lebens in der DDR kuratiert. Das, was das »andere« war, was die Überlebenden, die Remigranten gerade in die DDR zog und sie am Aufbau dieses anderen Deutschlands fesselte, abstieß oder anspornte und sie nicht vor den Widersprüchen weglaufen ließ, wird nicht deutlich. Die Mehrzahl der in der Ausstellung Porträtierten hatte die DDR verlassen. Porträts jüdischer DDR-Persönlichkeiten und Familien, die beides in sich vereinten, Jüdisches und Engagement in der DDR-Politik, sind nicht zu entdecken. Zu einseitig präsentiert weiterlesen »

Der richtige Augenblick

geschrieben von Axel Holz

5. November 2023

Neuauflage von Raul Hilbergs Buch »Die Vernichtung der europäischen Juden«

Raul Hilberg entstammt einer jüdischen Wiener Familie, die vor den Nazis in die USA emigrieren musste. Als US-Soldat war er an der Befreiung des KZ Dachau beteiligt. Seitdem hatte den 2007 verstorbenen Historiker das Thema der Judenvernichtung durch die Nazis nicht mehr losgelassen. Er entdeckte in München die Kisten mit der Privatbibliothek Hitlers und befragte deutsche Soldaten im Auftrag der Alliierten. Im Politikstudium recherchierte er weiter an den Originalquellen zum Holocaust, der damals noch nicht so hieß und für den sich kaum jemand interessierte. Dies beförderte auch, dass die Überlebenden häufig über das Geschehene schwiegen. Der richtige Augenblick weiterlesen »

Patriarchalen Hass stoppen

geschrieben von Peps Gutsche

5. November 2023

Zwei aktuelle Bücher fordern ein Ende der Gewalt

Alle drei Minuten misshandelt ein Mann in Deutschland seine (Ex-)Partnerin, jeden Tag versucht ein Mann, seine (Ex-)Partnerin zu töten. Jeden dritten Tag gelingt dies. Ich wiederhole: Jeden dritten Tag wird eine Frau ermordet, und der gesellschaftliche Aufschrei darüber fehlt. Christina Clemm fordert diesen Aufschrei ein und macht die Gewalttaten gegen Frauen und nicht-binäre Personen in ihrer Brutalität und gesellschaftlichen Bagatellisierung sichtbar. Patriarchalen Hass stoppen weiterlesen »

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