Rätselraten in Polen

geschrieben von Karl Forster

5. November 2023

Kommt es zum Regierungswechsel in Warschau? Zur Wahlniederlage der PiS

Zwei Legislaturperioden hat die nationalkonservative PiS (Prawo i Sprawiedliwość, deutsch: Recht und Gerechtigkeit) Polen regiert. Und das mit absoluter Mehrheit. Das hatte ihr erlaubt, das politische System nachhaltig zu verändern, vor allem wurde die Gewaltenteilung eingeschränkt. Die Einführung einer Disziplinarkammer erlaubte es, unliebsame Richter aus der Justiz zu entfernen. Gleichzeitig wurden höchste Richterposten mit Parteivertretern bestückt. Nächster Schritt war die Einhegung der Medien: Beim vorher öffentlich-rechtlichen Rundfunk hatte nun der Staat das Sagen. Intendanten und Chefredakteure wurden vom Finanzminister ernannt. Die einst teilweise in Händen von deutschen Konzernen befindlichen Regionalzeitungen wurden unter Druck von Staatsbetrieben übernommen. Den größten Protest in der polnischen Bevölkerung erzeugte jedoch die faktische Abschaffung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch. Dabei war die PiS ursprünglich aus Protest gegen die extrem wirtschaftsliberale Politik der von Donald Tusk geführten Regierung gewählt worden. Sie trat an, um soziale Härten abzufedern, und führte eine Reihe von neuen Sozialleistungen ein. Rätselraten in Polen weiterlesen »

Ein deutscher Kommunist

geschrieben von Sebastian Schröder

5. November 2023

Ilko-Sascha Kowalczuk hat den ersten Teil einer monumentalen Biografie zu Walter Ulbrich vorgelegt

Genau fünfzig Jahre nach dem Tod von Walter Ulbricht hat der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk den ersten Teil seiner monumentalen Ulbricht-Bio-grafie vorgelegt, versehen mit dem suggestiven Untertitel »Der deutsche Kommunist«. Kowalczuk schildert die Stationen des Lebens von Deutschlands bekanntestem und umstrittenstem linken Politiker, neben Erich Honecker, beginnend mit Elternhaus und Geburt bis zum 1. Mai 1945. Ein deutscher Kommunist weiterlesen »

Zu einseitig präsentiert

geschrieben von Ellen Händler

5. November 2023

Eine Ausstellung in Berlin zu jüdischem Leben in der DDR

Die Ausstellung habe ich mit Sehnsucht erwartet und war gleichzeitig in großer Sorge, wie man dieses schwierige Thema unserer Geschichte – die bewusste Entscheidung der überlebenden Jüdinnen und Juden, ein anderes antifaschistisches Deutschland aufzubauen – bewältigt. Die Chance, die Vielfalt und Widersprüchlichkeit, eben das »andere Jüdische« zu zeigen, wurde leider vertan.

Die Ausstellung ist aus der Sicht Westdeutscher unter dem Blick des Scheiterns der DDR, des Widerstandes oder der Schwierigkeiten des jüdischen Lebens in der DDR kuratiert. Das, was das »andere« war, was die Überlebenden, die Remigranten gerade in die DDR zog und sie am Aufbau dieses anderen Deutschlands fesselte, abstieß oder anspornte und sie nicht vor den Widersprüchen weglaufen ließ, wird nicht deutlich. Die Mehrzahl der in der Ausstellung Porträtierten hatte die DDR verlassen. Porträts jüdischer DDR-Persönlichkeiten und Familien, die beides in sich vereinten, Jüdisches und Engagement in der DDR-Politik, sind nicht zu entdecken. Zu einseitig präsentiert weiterlesen »

Der richtige Augenblick

geschrieben von Axel Holz

5. November 2023

Neuauflage von Raul Hilbergs Buch »Die Vernichtung der europäischen Juden«

Raul Hilberg entstammt einer jüdischen Wiener Familie, die vor den Nazis in die USA emigrieren musste. Als US-Soldat war er an der Befreiung des KZ Dachau beteiligt. Seitdem hatte den 2007 verstorbenen Historiker das Thema der Judenvernichtung durch die Nazis nicht mehr losgelassen. Er entdeckte in München die Kisten mit der Privatbibliothek Hitlers und befragte deutsche Soldaten im Auftrag der Alliierten. Im Politikstudium recherchierte er weiter an den Originalquellen zum Holocaust, der damals noch nicht so hieß und für den sich kaum jemand interessierte. Dies beförderte auch, dass die Überlebenden häufig über das Geschehene schwiegen. Der richtige Augenblick weiterlesen »

Patriarchalen Hass stoppen

geschrieben von Peps Gutsche

5. November 2023

Zwei aktuelle Bücher fordern ein Ende der Gewalt

Alle drei Minuten misshandelt ein Mann in Deutschland seine (Ex-)Partnerin, jeden Tag versucht ein Mann, seine (Ex-)Partnerin zu töten. Jeden dritten Tag gelingt dies. Ich wiederhole: Jeden dritten Tag wird eine Frau ermordet, und der gesellschaftliche Aufschrei darüber fehlt. Christina Clemm fordert diesen Aufschrei ein und macht die Gewalttaten gegen Frauen und nicht-binäre Personen in ihrer Brutalität und gesellschaftlichen Bagatellisierung sichtbar. Patriarchalen Hass stoppen weiterlesen »

Es bleibt eine Schande

geschrieben von Erika Klantz

5. November 2023

Sammelband zum Elend der Traditionspflege in der Bundeswehr

Jakob Knab führt mit seinen Mitautoren eine Auseinandersetzung, die längst gewonnen scheint. Spätestens mit der überarbeiteten Wehrmachtsausstellung ist allen klar, dass es keine »sauberen« staatlichen Institutionen im »Dritten Reich« gegeben hat, schon gar keine »saubere Wehrmacht«. Dies heißt aber nicht, dass es in der Bundeswehr nicht noch Menschen gibt, die die »Ehre« einzelner Wehrmachtsoffiziere nicht noch retten wollen. Gegen diese Traditionspflege wenden sich die Beiträge in »›Helden‹ der Vergangenheit?«. Es bleibt eine Schande weiterlesen »

Das nie wieder

5. November 2023

Seemann und Autor: Film über Walter Kaufmann. Gespräch mit Dirk Szuszies

antifa: Ihr habt einen Film über den im Jahr 2021 verstorbenen Walter Kaufmann gedreht. Wer war das?

Dirk Szuszies: Walter Kaufmanns Leben lässt sich kaum in wenigen Sätzen zusammenfassen. Er wurde 1924 in Berlin als Sohn einer armen polnischen Jüdin geboren und mit drei Jahren in eine wohlhabende jüdische Familie in Duisburg adoptiert. Bis es mit Hitlers Machtergreifung zum Bruch kam, beschrieb er seine Kindheit als sehr glücklich. Mit einem der letzten Kindertransporte wurde er nach England gerettet, seine Eltern wurden in Auschwitz ermordet. Davon erfuhr er lange nichts, da er von den Briten nach Australien abgeschoben wurde. Dort arbeitete er im Hafen und knüpfte so Kontakte zur Seemannsgewerkschaft, in der er auch Mitglied wurde und durch die seine Liebe zum Schreiben gefördert wurde. Darauf folgte ein wechselhaftes Leben, immer blieb er aber begeisterter Seemann und Autor. Das nie wieder weiterlesen »

Handlungsspielräume

geschrieben von Ulrich Schneider

5. November 2023

Ausstellung über »Frankfurter Polizeibeamte im Nationalsozialismus«

In der historischen Auseinandersetzung mit der NS-Herrschaft ist der Terrorapparat im weitesten Sinne gut aufgearbeitet. Auch zu den Strukturen der Gestapo liegen mittlerweile substanzielle Untersuchungen vor. Dabei gibt es keinen Zweifel, dass alle Teile der Sicherheitsdienste, von der Polizei auf den unterschiedlichen Ebenen bis zu den Geheimdiensten, den NS-Terroreinheiten der SA und SS sowie den Polizeibataillonen der Ordnungspolizei, in Verbindung mit der Justiz zur Ausschaltung jeglichen Widerstands und zur Durchsetzung der faschistischen Zielvorstellung einer rassistisch normierten Volksgemeinschaft ihren jeweiligen Beitrag geleistet haben. Handlungsspielräume weiterlesen »

Feministischer Antifaschismus

geschrieben von Muerbe u. Droege

5. November 2023

Alltägliche Gegenöffentlichkeit

Politische Theorie und Praxis werden durch das geformt, was öffentlich wird und was privat bleibt. Ein Verständnis, das über liberale und konservative Standpunkte hinausgeht, bedarf in dieser Hinsicht einer erweiterten Auffassung. Reproduktive Rechte stehen im Zentrum demokratischer Politik, denn Selbstbestimmung ist die Grundlage von Teilhabe. Der Versuch, autoritäre, völkische und patriarchale Gesellschaftsmodelle umzusetzen, ist international beobachtbar und steht auf der Agenda eines breiten rassistischen, frauen*- und queerfeindlichen Bündnisses, das von religiösen Fundamentalist*innen über extrem rechte Organisationen bis hin zu Spitzenpolitiker*innen aktueller Regierungen reicht. Der Angriff auf den Sozialstaat im Neoliberalismus ist nicht zu trennen von der erneuten Zuweisung der Reproduktionsarbeit in die Familie. Feministischer Antifaschismus weiterlesen »

Widerstand trotz Angst

geschrieben von Christa Bröcher, »Kinder des Widerstandes«, Mitglied im Aktionskomitee DIZ Emslandlager

5. November 2023

90 Jahre »Lied der Moorsoldaten«

»Dann ziehn die Moorsoldaten NICHT mehr mit dem Spaten ins Moor!« So endet das weltweit bekannte, in viele Sprachen übersetzte und bis heute in mehreren hundert Adaptionen gesungene und gespielte »Lied der Moorsoldaten«. Es zeugt vom Willen, sich durch die Misshandlungen der SS und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen nicht beugen zu lassen. Häftlinge hatten den Liedtext geschrieben (Johann Esser), überarbeitet (Wolfgang Langhoff), die Melodie notiert (Rudi Goguel), das Liedblatt illustriert (Hanns Kralik). Gesungen von einem 40 Mann starken Häftlingschor, wurde das Lied im Rahmen eines von den Lagerinsassen gestalteten Kulturprogramms – initiiert von dem Schauspieler Wolfgang Langhoff – am 27. August 1933 im KZ Börgermoor uraufgeführt. Widerstand trotz Angst weiterlesen »

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