Niemanden auslassen

geschrieben von Janka Kluge

9. März 2023

Erinnerung an queere Opfer im Bundestag

1997 fand zum ersten Mal eine Gedenkstunde im Bundestag zur Erinnerung an die Opfer des Holocaust statt. Im Mittelpunkt stand dabei das Leid jüdischer Menschen. Im Laufe der Jahre wurde die Erinnerung im Bundestag um andere Opfergruppen erweitert. 2011 sprach Zoni Weisz als Vertreter der Sinti und Roma, 2017 Sigrid Falkenstein und Hartmut Traub als Angehörige von Menschen mit Behinderung, die im Rahmen der Aktion T4 ermordet wurden.

In diesem Jahr wurde zum ersten Mal an die schwulen und lesbischen Männer und Frauen sowie an die verfolgten trans Menschen erinnert. Unter trans Menschen versteht man Menschen, die in ihrem biologischen Geschlecht nicht leben können, weil sie sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen. Die Holocaustüberlebende Rozetta Kats hat in einer bewegenden Rede daran appelliert, keine Opfer auszulassen und an alle von den Nazis verfolgten Menschen zu erinnern. Sie gehört zusammen mit dem Schriftsteller Lutz van Dijk zu denen, die sich über Jahre für eine Gedenkfeier im Bundestag eingesetzt haben. Jannik Schümann hat an Karl Gorath erinnert und Maren Kroymann die Biografie von Mary Pünjer vorgestellt. Musikalisch wurde die Gedenkfeier von der Chansonsängerin Georgette Dee umrahmt. Niemanden auslassen weiterlesen »

Rechtsterror bleibt unbestraft

geschrieben von Ferat Koçak

9. März 2023

Urteile im Neukölln-Komplex

Im Prozess gegen die Hauptverdächtigen der rechten Terrorserie in Berlin-Neukölln sind Urteile gegen die Neonazis Sebastian Thom und Tilo Paulenz gefallen. Beide wurden freigesprochen zu den Brandanschlägen. Nachgewiesen werden konnten Thom lediglich die Verwendung verfassungswidriger Symbole und Morddrohungen an Hauswänden von Antifaschist*innen. Diese auch nur deswegen, weil ein Antifaschist von den Behörden überwacht wurde. Ein Rechter wird verurteilt, weil ein Linker überwacht wird. Das Gericht hat alle Indizien, die auf ein rechtes Netzwerk hindeuten, ignoriert und sich auf zwei Einzeltäter konzentriert. Alle Beweisanträge meiner Anwältin, insbesondere zu den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes, wurden abgelehnt. Rechtsterror bleibt unbestraft weiterlesen »

In der Fläche verankert

9. März 2023

Neonazistrukturen in Mecklenburg-Vorpommern

antifa: Wie haben sich die Neonazistrukturen seit dem Auszug der NPD aus dem Landtag in Mecklenburg-Vorpommern verändert?

Mitch Dailey: Völkische Siedler*innen und andere Rechtsextreme agieren in MV zunehmend aus dem Hintergrund, finden im ländlichen Raum günstigen Wohnraum, können Strukturen und ideo-logische Netzwerke aufbauen und werben gezielt neue Mitglieder an. Die Strategie der rechten Szenen ist es, bürgerlich zu wirken und die ländlichen Strukturen zu unterwandern, beispielsweise durch die Organisation von Dorffesten, Sommer- und Jugendcamps, in der freiwilligen Feuerwehr oder sogar im Rahmen pädagogischer Arbeit. Angeworben wird in den letzten Jahren nicht mehr nur in den lokalen Strukturen vor Ort. Auch im Internet werden neue Personen in den ländlichen Raum gelockt. Insbesondere die Enthüllung rund um das Nordkreuz-Netzwerk hat gezeigt, dass die rechten Akteur*innen sehr aktiv sind, insbesondere im militanten Prepper/Doomer-Milieu Waffen und Munition horten und eine Lauerstellung eingenommen haben. In der Fläche verankert weiterlesen »

Divers aufstellen

9. März 2023

Interview zur Erinnerungskultur in der postmigrantischen Gesellschaft

antifa: Rassismus ist ein Problem, das die gesamte Gesellschaft durchzieht. Auch Erinnerungskultur und Gedenken sind davon nicht immer ausgenommen. Wie nimmst du das in deinem politischen Alltag wahr?

Denise: Rassismus gibt es auch bei Gedenkveranstaltungen. Ich erinnere mich an eine Veranstaltung hier in Frankfurt anlässlich des 9. Novembers, als ich der Einladung einer lokalen Erinnerungsinitiative gefolgt bin und von einer Person weggeschickt wurde, weil sie meinte, ich sei Muslima und hätte dort nichts zu suchen. Auf meine Frage, wie sie darauf komme, meinte sie »Ja, das sieht man ja!« und unterstellte mir Antisemitismus. Da kamen mehrere Aspekte von Stigmatisierung und Diskriminierung zusammen, insbesondere der antimuslimische Rassismus. Kürzlich gab es bei den Protesten gegen die Querdenker einen Vorfall. Dieses Mal traf es eine Freundin von mir. Sie ist Muslima und trägt ein Kopftuch. Sie ist politisch sehr aktiv und seit kurzem Mitglied bei uns. Sie war stolz, weil sie zum ersten Mal die VVN-BdA-Fahne trug. Doch aus dem Gegenprotest heraus, also von unseren Leuten, wurde ihr gesagt: »Was hast du denn mit der VVN zu tun? Warum trägst du die Fahne?« Wir haben entgegnet, dass das eine unverschämte Frage ist, und mir war wichtig zu ergänzen: »Die VVN-BdA ist vielleicht in deinem Blickwinkel eine rein deutsche und weiße Vereinigung. Nur: Wir sind nur deshalb 75 Jahre alt geworden, weil wir uns verändert haben.« Divers aufstellen weiterlesen »

Kräfteverhältnisse verschoben

geschrieben von Saadet Sönmez

9. März 2023

Zum Untersuchungsausschuss drei Jahre nach dem Attentat in Hanau

Drei Jahre sind seit dem einschneidenden rechten Terroranschlag am 19. Februar in Hanau (Hessen) vergangen. Anders als nach den Morden des NSU waren die Stimmen der Überlebenden und der Angehörigen bereits nach wenigen Wochen in der Öffentlichkeit zu vernehmen. Unter anderem mit Hilfe der »Initiative 19. Februar« wurden sie zu einem politischen Subjekt, welches Aufklärung und politische Konsequenzen vernehmlich einfordert. Dass erneut so vielfältig am 3. Jahrestag an die Opfer erinnert wurde, ist vor allem ein politischer Erfolg der Angehörigen und der Überlebenden, von migrantischen Organisationen und antirassistischen Initiativen. Kräfteverhältnisse verschoben weiterlesen »

Dem Frieden zugewandt?

geschrieben von Ulrich Peters

9. März 2023

Wie »dieBasis« versucht neue Themen zu besetzen

Nicht zuletzt aufgrund einer anhaltenden Mobilisierungsschwäche versuchen Teile der verschwörungsideologischen Pandemieleugner*innenszene sich neuen Inhalten zu widmen. Insbesondere die rechtsesoterische Partei »dieBasis« hat sich zuletzt intensiv dem Thema »Frieden« zugewandt.

Verschwörungsideologisches Sammelbecken

Hervorgegangen ist »dieBasis« aus den im März 2020 begonnenen »Corona-Protesten«. Eingebunden war sie dabei in einen Kreis von Impfgegner*innen, Pandemieleugner*innen und Verschwörungsgläubigen. Initiiert wurde die Gründung von ehemaligen Aktivist*innen der Partei »Widerstand 2020«. Aktuelle Vorsitzende ist Viviane Fischer aus Berlin, die besonders mit dem sogenannten Corona-Ausschuss seit Juli 2020 zur Verbreitung von Falschmeldungen und Verschwörungserzählungen beiträgt. Die Sozialpsychologin Claudia Barth ordnet das Parteiprogramm von »dieBasis« als »durchweg entlang anthroposophischer Grundzüge aufgebaut« ein. Dem Frieden zugewandt? weiterlesen »

In Richtung Finanzierung

geschrieben von Gerd Wiegel

9. März 2023

Verfassungsgericht urteilt zur Desiderius-Erasmus-Stiftung

Steuermillionen für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) – diesem Ziel sind Stiftung und Partei mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar ein gutes Stück nähergekommen. Zwar hat das Gericht der AfD nur für das Jahr 2019 bescheinigt, durch den Ausschluss von der Stiftungsfinanzierung benachteiligt worden zu sein, doch das Urteil hat grundsätzliche Auswirkungen auf die Finanzierung der parteinahen Stiftungen. Diese muss generell neu geregelt und gesetzlich fixiert werden, ein klarer Auftrag an den Bundestag. In Richtung Finanzierung weiterlesen »

Antisemitismus blüht mit Hilfe der Justiz

geschrieben von Bernadette und Joachim Gottschalk

9. März 2023

Am Volkstrauertag 2020, veranstaltete die Partei »Die Rechte« eine Mahnwache an der Synagoge in Braunschweig. Die Kundgebung hatte das vielsagende Motto »Freiheit für Palästina – Menschenwürde ist nicht verhandelbar! Zionismus stoppen« und war für den Zeitraum »19.33 bis 19.45 Uhr« angemeldet. Martin Kiese, Vorstandsmitglied der Partei, schleuderte den versammelten Journalisten entgegen »Judenpresse – Judenpack – Feuer und Benzin für euch«. Antisemitismus blüht mit Hilfe der Justiz weiterlesen »

Meldungen

9. März 2023

674 Rechte flüchtig

Zum Stichtag 30. September 2022 meldete die Bundesregierung auf Anfrage von Martina Renner und weiterer Abgeordneter der Partei Die Linke, dass es 915 nicht vollstreckte Haftbefehle gegen 674 Personen, die dem politisch rechten Lager zugerechnet werden, existieren. 156 Personen wurden wegen eines Gewaltdeliktes gesucht. 91 Gesuchte sollen sich nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden im Ausland aufhalten.

Silvester in Borna

Rund 200 Menschen hatten in Borna (Sachsen) in der Silvesternacht auf dem Marktplatz randaliert. Sie haben Raketen auf das Rathaus abgefeuert und anrückende Polizei- und Einsatzkräfte mit Böllern angegriffen. Ein Polizeiauto wurde beschädigt. AnwohnerInnen berichten auch von lauten »Sieg Heil«-Rufen und Jugendlichen mit Sturmhauben in der 20.000-Einwohner-Stadt. Der Bürgermeister Oliver Urban berichtete von ähnlichen Attacken 2018 und 2019. Die Stadt wird über weitere Maßnahmen diskutieren. Meldungen weiterlesen »

Rechtsterrorismus benennen

geschrieben von Paul Schmittker

9. März 2023

Zum versuchten Anschlag an einer Essener Schule

In Essen ist man knapp einer rechtsextrem motivierten Gräueltat entgangen. Diese konnte verhindert werden, weil couragierte MitschülerInnen und Lehrkräfte richtig reagiert haben.

Am 12. Mai 2022, kurz vor der NRW-Landtagswahl, wurden zwei weiterführende Schulen wegen eines geplanten rechtsterroristischen Amoklaufs in Essen-Borbeck geschlossen und auf Sprengstoff durchsucht. Kurz zuvor war der 16-jährige Jeremy R. in seinem Elternhaus festgenommen und zahlreiche Waffen waren sichergestellt worden. Er soll einen rechtsextrem motivierten Amoklauf an seiner Schule, dem Don-Bosco-Gymnasium, geplant haben. Anschlagspläne auf seine vorherige Schule, die Realschule am Schloss Borbeck soll der Jugendliche laut Medienberichten auch gehabt haben, diese soll er aber im Laufe der Planung wieder verworfen haben. Im Dezember 2022 wurde dann am Landgericht Düsseldorf das Verfahren wegen Vorbereitung eines schweren staatsgefährdenden Anschlags, Terrorismusfinanzierung und Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz eröffnet. Der bekannt gewordene Besitz von kinderpornographischen Inhalten ist in der Anklage nicht enthalten. Rechtsterrorismus benennen weiterlesen »

Ältere Nachrichten · Neuere Nachrichten